Die vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung hat differenziert herausgearbeitet, dass der mittlerweile seit Jahrzehnten andauernde Wandel des Wohlfahrtsstaates nicht auf ein einfaches Retrenchment reduziert werden kann. Dieser Wan-del lässt sich vielfach als eine qualitative Neujustierung des Verhältnisses von öffentlicher Sozialpolitik, (Arbeits-)Markt und Individuen/Haushalten sowie dem Dritten Sektor beschreiben. Die aktivierende Arbeitsmarktpolitik, die Vermarktlichung sozialer Dienste, aber auch ein investiver Zugang zur Bildungs- und Familienpolitik sowie präventive oder prädistributive Eingriffe sind Beispiele für diese Veränderungen. Gleichwohl finden sich auch Politiken, die als Fortführung oder sogar Ausbau traditioneller dekommodifizierender Sozialpolitik gewertet werden müssen. Umgekehrt werden auch weiterhin Leistungseinschränkungen und -kürzungen umgesetzt, insbesondere als Folge der andauernden Wirtschaftskrise (und deren Bewältigung). Beeinflusst werden die national und auch politikfeldspezifisch unterschiedlich aus-geprägten Entwicklungspfade beispielsweise durch veränderte Akteurskonstellationen und Governance-Strukturen, durch soziale und ökonomische Prozesse – wie Wirtschaftskrise(n), die Arbeitsmarktentwicklung und Migration – und schließlich auch durch neue Ideen darüber, wie Sozialpolitik gerecht und/oder effizient ausgestaltet werden kann.
Diese Vielfältigkeit und Gleichzeitigkeit, manchmal auch Widersprüchlichkeit stellt die vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung vor neue normativ-konzeptionelle und empirische Herausforderungen. Die skizzierten Entwicklungen in den verschiedenen Wohlfahrtsstaaten haben den Stellenwert der bisherigen Zugänge und Interpretationen der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung auf den Prüfstand gestellt. Die Frage nach der Entwicklung und Identifikation von Wohlfahrtsstaatsregimen und steht dabei ebenso im Mittelpunkt, wie Untersuchungen, die Divergenzen oder Konvergenzen wohlfahrtsstaatlicher Entwicklungen bestimmen wollen. Auch Ansätze zum Transfer von Ideen und Instrumenten sowie theoretische Modelle des Wandels müssen angepasst werden. Offen ist, inwiefern sich derzeit überhaupt gemeinsame Entwicklungen identifizieren lassen. Die Tagung des Arbeitskreises „Vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung“ in der DVPW zielt auf die Identifikation und Diskussion der aktuellen sozialpolitischen Entwicklungslinien und den ihnen zugrunde liegenden politischen und normativen Annahmen. Ziel ist Bestandsaufnahme der politikwissenschaftlichen Wohlfahrt-staatsforschung.
Programm
Anmeldung:
Bis zum 31. März 2017 bei Tanja Schöttner:schoettner@uni-kassel.de
Tagungsgebühren werden nicht erhoben.
Neue Paradigmen in der Sozialpolitik(forschung)?