CHANCENGLEICHHEIT IN DER COMMERZBANK ___________________________________________________________
                                                               DAS PROJEKT CONSENS

Barbara David

Das Thema Chancengleichheit wird seit zehn Jahren intensiv in der Commerzbank diskutiert. Es entstand aus einer Mitarbeiterbefragung, die 1987/88 durchgeführt wurde. Das Ergebnis: Viele Mitarbeiterinnen fühlten sich nicht ausreichend an den Entwicklungsmöglichkeiten in der Bank beteiligt. Aus dieser Situation heraus ist in den letzten Jahren ein Bausteinsystem entstanden, mit dem wir dem Ziel der Chancengleichheit Stück für Stück näher kommen möchten. Bevor die einzelnen Maßnahmen vorgestellt und diskutiert werden, stellen wir kurz die Commerzbank vor.

Das Unternehmen
Die Commerzbank ist eine internationale Universialbank mit über 900 Filialen in Deutschland. Zum Konzern gehören darüber hinaus ein weltumspannendes Netz von Repräsentanzen und Filialen sowie Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Sitz der Zentrale ist Frankfurt am Main. In der Commerzbank werden weltweit 3,7 Mio Kundinnen und Kunden von 33.000 Mitarbeitern betreut.

Die Mehrheit ist weiblich
Seit 1991 sind über 50% aller Commerzbanker/innen Frauen. Bei den weiblichen Auszubildenden liegt der Anteil über der Hälfte, weibliche Hochschultrainees sind mit über 40% vertreten. In Führungspositionen hingegen sind Frauen deutlich schwächer repräsentiert. Dieses Mißverhältnis zeigt, daß Handlungsbedarf besteht, denn Frauen kommen seit mehr als zwei Jahrzehnten mit guten, einschlägigen Bildungsabschlüssen in die Bank.

Auf der anderen Seite haben sich die Zahlen in einem kontinuierlich positiven Trend weiterentwickelt. Einige Beispiele: Im außertariflich vergüteten Bereich befanden sich 1980 nur 3,2% Frauen, 1999 verzeichnen wir immerhin einen Anteil von 19,2%. Vor achtzehn Jahren waren 2,5% Frauen in einer Funktion mit Führungsverantwortung tätig, dieses Jahr sind es sechs Mal soviel. Der Anteil der Frauen, die im Tarifbereich Handlungsvollmachten besitzen, entwickelte sich von 18,3% (1980) auf mittlerweile über 50%. Fazit: Die Zahlen, vor allem der Frauen mit Verantwortung auf höherer Ebene, entwickeln sich langsam. Inzwischen ist jedoch eine breitere Basis von Frauen mit qualifizierter Fachaufgabe oder Verantwortung auf der dritten Führungsebene entstanden, aus der sich Mitarbeiterinnen für die nächsthöheren Ebenen rekrutieren werden.

Von den ”Frauen im modernen Banking” hin zu ”consens”
Das Projekt ist inhaltlich im Lauf der Zeit gewachsen. In den letzten zehn Jahren entstand ein Bausteinsystem, das den vielfältigen Aspekten des Themas Chancengleichheit, aber auch unterschiedlichen Mitarbeitergruppen Rechnung trägt.

Zunächst lag der Focus eindeutig auf den Mitarbeiterinnen der Bank, und die Projektbezeichnung lautete ”Frauen im modernen Banking”. Allmählich kristallisierte sich jedoch heraus, daß sich immer mehr Männer mit den angesprochenen Themen auseinandersetzen - und sich ihnen vorsichtig nähern. Die Kommunikation über die Projektbezeichnung ”Frauen im modernen Banking” wurde dieser Situation nicht mehr gerecht, und das Projekt wurde in ”consens” umbenannt. ”consens” soll zum Ausdruck bringen, daß es sich um einen Prozeß handelt, in dem beide Seiten nach einer Lösung suchen, der sie zustimmen können. Beide Seiten, das sind Männer und Frauen, die im Beruf fair miteinander umgehen, das sind Väter und Mütter, die in der Familienphase nach einer für beide Seiten akzeptablen Lösung suchen. Und das sind Arbeitnehmer/innen und Bank, die partnerschaftlich zusammenarbeiten, um in einem immer härteren Wettbewerb erfolgreich als Unternehmen bestehen zu können.Inhaltlich haben sich innerhalb des Projekts drei Handlungsfelder herausgebildet, die wir wie folgt benannt haben:

consens - Frauen im modernen Banking: Angebote, die Mitarbeiterinnen in ihrer beruflichen    Entwicklung unterstützen
consens - Zusammenarbeit von Frauen und Männern: Angebote, die über die zwischenmenschlichen Aspekte informieren, sensibilisieren und zum Nachdenken oder Diskutieren anregen
consens - Familie und Beruf: Angebote, die in der Familienphase unterstützen

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eines der wichtigsten Handlungsfelder, wenn es um Chancengleichheit geht. Deshalb machte dieses Teilprojekt auch den Anfang in unserer Projektarbeit.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die Familiengründung hat - trotz vielfältiger Möglichkeiten, Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können - noch immer einen großen Einfluß auf die berufliche Entwicklung von Frauen. Denn sie sind es in aller Regel, die Erziehungsurlaub nehmen, anschließend ihre Arbeitszeit reduzieren und häufig den ”Löwenanteil” der Familienarbeit übernehmen. Zudem fällt die Familienphase immer mehr in die Altersstufe zwischen 30 und 40 Jahren, eine Zeit, in der meist die entscheidenden Weichen im Beruf gestellt werden. Aus diesen Gründen bieten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschiedene Bausteine an, die sie bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen:

Maßnahmen zur Wiedereingliederung
Flexible Arbeitszeitmodelle und Telearbeit
Betrieblich geförderte Kinderbetreuung

Wiedereingliederung: Erste Schritte
Als erste deutsche Großbank schloß die Commerzbank 1990 ein Programm zur Wiedereingliederung nach dem Elternurlaub ab. Um auch nach der Verlängerung des gesetzlichen Erziehungsurlaubs auf drei Jahre ein attraktives Programm anbieten zu können, wurde im März 1992 eine zweite Betriebsvereinbarung, das sogenannte ”Comeback-Programm” abgeschlossen. Zielgruppe: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach der Familienphase wieder in die Bank zurückkehren möchten.

Das Programm umfaßte eine Freistellung von einem Jahr über den gesetzlichen Erziehungsurlaub hinaus, die bis zum achten Geburtstag des Kindes galt. Dieses Freistellungsjahr konnte in zwei Abschnitten genutzt werden, beispielsweise bei Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule. Alternativ war eine Teilzeitbeschäftigung in dieser Zeit möglich. Die Teilnehmer/innen erhielten die banküblichen Nebenleistungen. Es wurden Urlaubs- und Krankenvertretungen vereinbart.

Im Rahmen des ”alten” Comeback-Programms kamen einige Mitarbeiter/innen relativ schnell wieder in die Bank zurück. Andere Teilnehmer/innen nutzten den gesamten Erziehungsurlaub, vor allem wenn ein zweites Kind folgte. Vor diesem Hintergrund wurde in den letzten Jahren deutlich, daß es in der Familienphase sehr unterschiedliche Bedürfnisse, damit verbunden aber auch unterschiedliche Chancen bei der Wiedereingliederung gibt.

Zu Beginn der 90er Jahre wurde Wiedereingliederung noch als ein Prozeß begriffen, der sich auch problemlos über mehrere Jahre erstrecken konnte. Heute ist klar, daß aufgrund der engen Arbeitsmarktlage, der Umstrukturierungsmaßnahmen sowie der damit einhergehenden rasanten Veränderungen in vielen Aufgabenfeldern längere Abwesenheitsphasen die berufliche Entwicklung beeinträchtigen. Eine hohe Flexibilität ist mittlerweile in nahezu allen Bereichen des Bankgeschäfts erforderlich - und das gilt auch für Eltern in der Familienphase.

Comeback Plus
Zum 1. Mai 1998 trat nun die dritte Fassung einer Betriebsvereinbarung in Kraft, mit der wir den Erfahrungen der letzten Jahre Rechnung tragen möchten.

Für viele Mitarbeiter/innen in der Familienphase steht die Wiedereingliederung nicht unbedingt im Vordergrund. Sie wollen sich zunächst uneingeschränkt der Familie widmen und planen eine Rückkehr erst dann, wenn die Kinder älter sind - auch wenn dies später mit einem schwierigeren Einstieg verbunden ist. Berufliche Wiedereingliederungsangebote werden von dieser Mitarbeitergruppe nur in geringem Umfang genutzt, es besteht jedoch ein Bedürfnis nach sozialer Absicherung während dieser Zeit.

Die neue Betriebsvereinbarung beinhaltet deshalb zwei Schwerpunkte: Zum einen erhalten alle Mitarbeiter/innen, die Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, ohne Aufnahme in ein spezielles Programm und ohne Wiedereingliederungsvertrag Leistungen wie Mitarbeiterkonditionen oder Belegschaftsaktien. Darüber hinaus übernimmt die Commerzbank künftig in einem Zeitrahmen von maximal 3,5 Jahren für alle Erziehungsurlauber/innen auf der niedrigsten Beitragsstufe sowohl den Arbeitgeber- wie auch den Arbeitnehmeranteil einer im Bankbereich üblichen Altersversorgung. Damit werden Maßnahmen zur Wiedereingliederung vom Wunsch nach sozialer Absicherung entkoppelt. Das heißt, einen Wiedereingliederungsvertrag werden überwiegend die Mitarbeiter/innen schließen, die tatsächlich an einer raschen Rückkehr interessiert sind.

Für die Eltern, die Familie und Beruf früh miteinander verbinden möchten, bieten wir ein spezielles Programm an. Ziel ist eine rasche Wiedereingliederung - wenn gewünscht und sofern möglich - in Teilzeit. Denn je früher der berufliche Kontakt wieder hergestellt ist, desto besser klappt die Wiedereingliederung.

Für dieses Programm wurde ein Rahmen festgelegt, in dem die Mitarbeiter/innen gezielt bei der Wiedereingliederung unterstützen werden. Er umfaßt folgende Regelungen:
Der / die Mitarbeiter/in übernimmt im zweiten Jahr des Erziehungsurlaubs Vertretungseinsätze (alternativ Projektarbeiten oder Referententätigkeiten) von mindestens 160 Stunden. Im dritten Jahr beträgt dieses verbindliche Kontingent 200 Stunden. Sind die Einsätze erfolgt, bietet die Bank im Anschluß an das dritte Jahr des gesetzlichen Erziehungsurlaubs verbindlich einen Praxiseinsatz von sechs Monaten in Teilzeit (mindestens 120 Stunden) an. Während des letzten Praxiseinsatzes werden die konkreten Möglichkeiten des Wiedereinstiegs ausgelotet.

Die Arbeitszeit während der Praxiseinsätze kann frei nach den Wünschen des Mitarbeiters / der Mitarbeiterin und den betrieblichen Belangen vereinbart werden. Möglich sind eine tägliche, regelmäßige Anwesenheit, oder Arbeitsrhythmen, bei denen sich Arbeitszeit und Freizeit täglich, im Ablauf mehrerer Tage, wöchentlich oder in längeren Zeiträumen abwechseln.

Ein Wort zu den Kinderbetreuungskosten: Durch die in Comeback Plus vereinbarten, meist zeitlich begrenzten Praxiseinsätze können weitere Betreuungskosten entstehen. Eine Mitarbeiterin, die einen Wiedereingliederungsvertrag abgeschlossen hat, möchte beispielsweise wegen der Entfernung zu ihrem Arbeitsplatz die Arbeit an zwei vollen Tagen bündeln. Normalerweise wird ihr Kind vormittags in einem Kinderladen betreut. Eine ganztägige Betreuung im Kinderladen ist jedoch für eine befristete Zeit nicht möglich. Deshalb engagiert sie für die Zeit des Praxiseinsatzes am Nachmittag eine Tagesmutter. Die Aufwendungen für die Tagesmutter werden bezuschußt. Die Bank übernimmt in diesen Fällen 50% der zusätzlich entstandenen Kosten. Die Regelung gilt für Kinder unter 12 Jahren.

Auf dem laufenden bleiben
Mit diesem Angebot wollen wir erreichen, daß der Wissensstand der Mitarbeiter/innen auch während der Familienphase à jour bleibt oder über Qualifizierung sogar erhöht wird. Auf diesem Weg ist es möglich, Kontakte im beruflichen Umfeld (Kollegen, Vorgesetzte, Kunden) zu halten oder neue aufzubauen. Eltern können ausprobieren, ob das Zusammenspiel von Familie und Beruf in der Praxis klappt - zum Beispiel bei der Kinderbetreuung. Während des sechsmonatigen Praxiseinsatzes nach dem Erziehungsurlaub haben die Teilnehmer/innen die Gelegenheit, sich neben den Aktivitäten des Personalzentrums selbst am internen Stellenmarkt der Bank zu orientieren.

Qualifizierung ist während der Familienphase ein wichtiges Stichwort. Auch wenn die Zeit der Abwesenheit nur kurz sein sollte - viele Aufgaben in der Bank unterliegen einem raschen Wandel. Deshalb wird in einem vorgeschalteten Planungsgespräch auch die gezielte Weiterbildung aufgegriffen, indem der individuelle Qualifikationsstand und die Anforderungen des künftigen Arbeitsplatzes abgeglichen werden. Der gezielte Ausbau von Kenntnissen und Fähigkeiten kann über den Besuch von fachbezogenen Seminaren erfolgen. Mitarbeiter/innen, die entsprechendes Potential nachweisen, können während des Erziehungsurlaubs die Qualifikation erwerben, die sie für die spätere Übernahme einer Führungsaufgabe benötigen.

Informationen über das aktuelle Geschehen in der Bank erhalten darüber hinaus alle Mitarbeiter/innen in der Familienphase mit der Informationsschrift ”Comeback-Info”. Die Publikation erscheint seit gut neun Jahren regelmäßig alle zwei Monate und berichtet über neue Entwicklungen in der Commerzbank, geschäftliche Schwerpunkte, neue Produkte und veränderte Organisationsstrukturen.

Flexible Arbeitszeiten ...
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist oft eng mit flexiblen Arbeitszeiten und vor allem mit Teilzeit verbunden. Mehr als 15% aller Commerzbanker/innen arbeiten bereits mit reduzierter Arbeitszeit, davon über 90% Frauen. Mit dem Ziel, das Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen in allen Bereichen zu verbessern, wurde 1993 eine Betriebsvereinbarung ”Teilzeit” abgeschlossen. Das bedeutet in der Praxis, daß Wünsche nach Teilzeitarbeit intensiv geprüft und  - wo immer möglich - realisiert werden. Familie und Beruf, aber auch andere persönliche Pflichten und Vorhaben, können auf diesem Weg besser mit dem beruflichen Einsatz unter einen Hut gebracht werden.

In der Commerzbank haben sich mittlerweile eine Reihe von Teilzeitvarianten etabliert. Job-sharing ist eine davon und wird immer häufiger genutzt. Die verschiedenen Teilzeitmodelle lassen unterschiedliche Arbeitsrhythmen zu, und auch vom Umfang ist von der klassischen Halbtagsstelle bis zu Teilzeit ”light” (Reduzierung um einen Tag) vieles möglich.

... und flexible Arbeitsorte
Einige Eltern, aber auch Mitarbeiter/innen ohne Kinder, möchten einen Teil der Arbeit zu Hause erledigen. Neben einer freieren Zeiteinteilung spielen beispielsweise geringere Fahrtkosten eine wichtige Rolle. In einem Pilotprojekt wurde getestet, ob sich diese Arbeitsform technisch und organisatorisch in der Commerzbank umsetzen läßt. Das Testspektrum reichte von Projektarbeiten, Programmieren, Übersetzungen bis hin zu Aufgaben im Filialbereich wie Wertpapier- und Kreditberatung. Die Aufgaben werden teilweise zu Hause, zu einem anderen Teil am betrieblichen Arbeitsplatz erledigt. Nach dem erfolgreichen Abschluß des Pilotprojekts wurde eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen.

Das A und O: Die Kinderbetreuung
Zu Beginn der Diskussion über die Förderung von Kinderbetreuung stand die Idee eines Betriebskindergartens. Sie wurde allerdings bald aufgegeben, da sich über eine Studie des Deutschen Jugendinstituts sowie eine Befragung der Mitarbeiter/innen in Frankfurt herausstellte, daß Eltern ihre Kinder nur ungern aus dem gewohnten Umfeld herausnehmen.

Damit möglichst viele Mitarbeiter/innen Hilfe bei der Kinderbetreuung erhalten, wurde eine Betriebsvereinbarung mit verschiedenen Angeboten abgeschlossen. Grundlage ist ein Budget, das den übergeordneten Filialen seit 1995 zur Verfügung gestellt wird. Finanziert werden daraus:

Zuschüsse zu den Betreuungskosten einzelner Mitarbeiter/innen
Kooperationen mit dem Familienservice oder ähnlichen Einrichtungen
Belegrechte in Betreuungseinrichtungen

Im ersten Jahr der Betriebsvereinbarung starteten viele der übergeordneten Filialen eine Umfrage bei ihren Mitarbeitern und baten um Rückmeldung, wofür das Budget eingesetzt werden sollte. Es wurde unterschiedlich, dem regionalen Betreuungsangebot entsprechend, reagiert. In den meisten Filialen entschied man sich für eine Mischform.

Die Mitarbeiter/innen erhalten individuelle Zuschüsse zu ihren Kinderbetreuungskosten. Bevorzugt werden insbesondere Alleinerziehende, die die zum Teil erheblichen Kosten für Tagesmütter oder institutionelle Einrichtungen nur schwer alleine tragen könnten.

Die Commerzbank arbeitet in vielen Städten mit dem Familienservice zusammen. Er wird finanziell von mehreren Unternehmen getragen und vermittelt über pädagogisch ausgebildete Mitarbeiter/innen in erster Linie Tagesmütter, Kinderfrauen, Au Pairs oder Plätze in Kinderkrippen, Kindergärten bzw. im Hort. Darüber hinaus werden Hausaufgabenbetreuung oder Ferienspiele organisiert. Eltern werden bei der Gründung einer Elterninitiative beraten, Tagesmütter erhalten eine Ausbildung. Es finden beim Familienservice für interessierte Eltern Vorträge oder Erste-Hilfe-Kurse statt. Die Commerzbank trägt die Kosten für die Beratungsleistungen des Familienservice, die Mitarbeiter/innen kommen für die tatsächlichen Kosten der Betreuung auf.

Andere Filialen haben Belegrechte in betreuenden Einrichtungen erworben, die von den Mitarbeiter/innen der Bank genutzt werden können.

Die Betriebsvereinbarung Kinderbetreuung greift neben der regelmäßigen Betreuung noch ein weiteres Thema auf - die Pflege erkrankter Kinder. Vor allem Alleinerziehende kennen es: Die Betreuung eines kranken Kindes kommt manchmal einem Spagat gleich. Der Gesetzgeber hat deshalb eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergehende Unterstützung anzubieten, wurden in der Commerzbank Regelungen getroffen, die die Pflege erkrankter Kinder weiter vereinfachen.

Eltern können sich unter Anrechnung der gesetzlichen Ansprüche bis zu sechs Monate unbezahlt freistellen lassen. Diese Regelung gilt, solange die Kinder unter 12 Jahre alt sind - Ausnahmen werden in besonders schweren Fällen gemacht. Zum Ausgleich finanzieller Nachteile bietet die Bank unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuß an. Diese Regelung gilt auch, wenn der Elternteil, der das Kind hauptsächlich betreut, durch eigene Krankheit an der Betreuung verhindert ist.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist - wie gesagt - nur einer der Gründe, warum sich Frauen nicht in gleicher Weise wie Männer beruflich entwickeln. Auch Vorurteile und Rollenklischees stellen Hemmnisse dar. Deshalb sind Maßnahmen zur Sensibilisierung, die entsprechende Themen ins Gespräch bringen oder ”am Kochen halten”, besonders wichtig.

Zusammenarbeit von Frauen und Männern
Seit Beginn des Projekts werden unterschiedliche Veranstaltungen rund um das Thema Chancengleichheit organisiert. In kleinen und größeren Gesprächsrunden oder überregional konzipierten Symposien diskutieren Mitarbeitergruppen über die diversen Aspekte. Dazu einige Beispiele: In den übergeordneten Filialen der Commerzbank werden regelmäßig Elterntreffen veranstaltet. Dort erhalten Mitarbeiter/innen in der Familienphase Informationen über das Geschehen in der Bank, und es werden aktuelle Themen besprochen. In anderen Veranstaltungen wurden Führungskräfte in das Projekt eingebunden und Multiplikatoren gewonnen.

Drei Jahre nach Start des Projekts wurde ein zweitägiges Symposium im Schulungszentrum der Commerzbank organisiert, um die Maßnahmen, die bis dahin umgesetzt waren, kritisch zu beleuchten. Eingeladen war bundesweit ein Querschnitt aller Mitarbeiterinnen der Bank. In Workshops bearbeiteten die Teilnehmerinnen die Themenschwerpunkte: Frauen in Führungspositionen, Frauen als Kundinnen der Bank, Frauen in Familie und Beruf, Frauen in der Weiterbildung sowie Frauen in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Die zum Teil kontrovers geführten Diskussionen brachten eine Reihe von Ergebnissen, die weitere Teilprojekte initiierten.

Der Erfolg dieser Veranstaltung war Auslöser für ein weiteres Symposium im Oktober 1995. In der Zwischenzeit waren einige Rahmenbedingungen entstanden. Immer deutlicher wurde, daß Chancengleichheit nicht im Alleingang der Frauen, sondern nur in Zusammenarbeit mit den männlichen Kollegen erreicht werden kann.

Deshalb waren dieses Mal Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingeladen, um über die Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern nachzudenken. Betrachtet wurden männliches und weibliches Führungsverhalten, typische Situationen zwischen Frauen und Männern im Vertrieb sowie unterschiedliche Sprach- und Verhaltensweisen. In einem weiteren Workshop diskutierten die Teilnehmer/innen Unterschiede in der Berufs- und Lebensplanung. Andere setzten sich mit dem Thema ”Väter im Erziehungsurlaub” auseinander.

Zu Beginn wurde dieser Ansatz von vielen Seiten belächelt, denn die Zusammenarbeit von Frauen und Männern wurde als unkompliziert eingestuft. Das gemeinsame ”Überdenken” in den Workshops brachte jedoch ans Licht, daß beispielsweise die unterschiedlichen Kommunikationsstile von Frauen und Männern häufig zu Mißverständnissen führen. Die Kenntnis darüber kann wiederum Reibungspunkte in der alltäglichen Zusammenarbeit vermeiden helfen. Ein lohnendes Thema, an dem wir mit Sicherheit weiterarbeiten werden.

Berufliche Entwicklung von Frauen
Nahezu ideologische Diskussionen entfachen sich, wenn es um Begriffe wie ”Frauenförderung” oder ”Quote” geht. In der Commerzbank wurde von Anfang an deutlich gemacht: Es geht um ”Qualität statt Quote”. Gemeint ist damit, daß Frauen aus personalpolitischer Sicht genau wie Nachwuchs- oder Führungskräfte eine Mitarbeitergruppe darstellen, der bestimmte Rahmenbedingungen angeboten werden, damit sie erfolgreich im Unternehmen tätig sein kann.

Während die Programme zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf breite Akzeptanz fanden, wurden Angebote speziell für Frauen, beispielsweise im Qualifizierungsbereich, sehr kontrovers diskutiert. Nicht zuletzt über das Symposium ”Zusammenarbeit von Frauen und Männern” wurde jedoch klar, daß sich Frauen aufgrund ihrer Sozialisation häufig anders als Männer im Berufsleben verhalten. Da viele Prozesse im Berufsalltag noch immer stark an männlichen Strukturen orientiert sind, müssen Frauen lernen, einen eigenen Stil zu finden und ihn auch durchzusetzen. Deshalb haben wir uns entschlossen, unseren Mitarbeiterinnen auch von dieser Seite her Unterstützung anzubieten.

Seminarangebote für engagierte Mitarbeiterinnen
Das unterschiedliche Verhalten von Frauen und Männern einerseits, die Dominanz männlicher Strukturen andererseits führen dazu, daß das Verhalten von Frauen oft als nicht angemessen und wenig wirkungsvoll eingeschätzt wird. Einige Beispiele:

Die Fähigkeiten von Mitarbeiterinnen auf der Beziehungsebene werden häufig als Schwäche ausgelegt.
Das Anliegen vieler Frauen, andere in den Entscheidungsprozeß mit einzubeziehen, wird als Entscheidungsunfähigkeit beurteilt.
Das bei vielen Frauen fehlende Interesse an eigener Selbstdarstellung führt dazu, daß ihre Kompetenzen nicht wahrgenommen werden.

Diese Aspekte bestimmen nicht nur die Zusammenarbeit von Frauen und Männern, sondern beeinflussen auch die Motivation und die berufliche Entwicklung der Mitarbeiterinnen. Der Erfolg eines Unternehmens wird jedoch immer mehr davon abhängen, ob die unterschiedlichen Arbeitskulturen von Frauen und Männern Akzeptanz finden und Synergien hergestellt werden können.

Wir pilotieren derzeit ein Weiterbildungsprogramm, das Mitarbeiterinnen unterstützt, die eine erste Führungsaufgabe bzw. eine Spezialistenfunktion oder eine höhere Managementebene anstreben. Auf dem Seminarplan stehen u.a. Rollenverhalten und Rollenerwartungen, Zielklarheit, Streßbewältigung, Durchsetzungsstrategien, Konkurrenz und Zusammenarbeit, Selbst-PR und Selbstmanagement.

Cross-Mentoring
Gemeinsam mit Deutsche Bank, Deutsche Lufthansa und Deutsche Telekom startete die Commerzbank im Oktober 1998 das erste Cross-Mentoring-Programm für Frauen in Deutschland. Um mehr Frauen den Weg ins Top-Management zu ebnen, entschlossen sich die vier Unternehmen, zunächst jeweils drei weibliche Mentees durch erfahrene Top-Manager/innen beraten und coachen zu lassen.

Frauen bringen seit vielen Jahren gute, zum Teil überdurchschnittlich gute Qualifikationen und reichlich Motivation mit. Dennoch stoßen sie auf dem Weg nach oben bald an die berühmte ”gläserne Decke”. Das liegt häufig an Hindernissen, die nichts mit ihrer Qualifikation zu tun haben. Frauen neigen jedoch dazu, diese Barrieren als persönliches Problem wahrzunehmen.

Über das Mentoring-Programm soll bewußt gemacht werden, daß viele Probleme unabhängig von den einzelnen Personen existieren und mit den über viele Jahre gewachsenen Strukturen zusammenhängen. Diese Strukturen wurden von Männern geschaffen, da es noch bis in die sechziger Jahre kaum Frauen in wichtigen Funktionen gab. Wollen Frauen heute höhere Managementaufgaben übernehmen, brauchen sie zum einen Kenntnis über diese Strukturen. In einem zweiten Schritt gilt es für sie, eigene ”Spielregeln” zu formulieren und diese auch durchzusetzen. In diesem Prozeß profitieren die Mentees von den Erfahrungen ihrer Mentor(inn)en.

Aber auch die Mentor(inn)en ziehen Nutzen aus dem Programm. Sie haben die Gelegenheit, ihren eigenen Arbeitsstil zu überdenken und zu verbessern. Vor allem aber bietet Mentoring die Gelegenheit, die eigene Aufgabe aus einer anderen Perspektive zu betrachten, in diesem Fall aus der Sicht von Frauen und jüngeren Mitarbeiterinnen. Über Cross-Mentoring haben darüber hinaus alle Beteiligten die Möglichkeit, Einblicke in andere Unternehmenskulturen zu erhalten.

Courage – das Frauennetzwerk der Commerzbank
Ende 1998 setzten sich Frauen aus dem Frankfurter Raum der Commerzbank zusammen, um ein Netzwerk für Frauen in der Bank zu gründen. Ein solches Netzwerk bietet die Möglichkeit

berufliche Erfahrungen - auf der fachlichen wie auf der persönlichen Ebene - auszutauschen
Kolleginnen kennenzulernen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden (z.B. Führungskraft in Familienphase)
weibliche Vorbilder sichtbar zu machen
das Netzwerk als Weiterbildungsforum zu nutzen

Die Netzwerkerinnen treffen sich einmal im Monat und tauschen sich aus. Das organisatorische Ziel ist eine bundesweite Verknüpfung, die allen Commerzbankerinnen und –bankern ein Forum zum Erfahrungsaustausch bietet. Das inhaltliche Ziel liegt in einer partnerschaftlichen und von Fairneß geprägten Zusammenarbeit von Frauen und Männern im Unternehmen.

Wir machen weiter!
Seit 1989 ist in der Commerzbank über das Projekt consens ein Bausteinsystem entstanden, das Mitarbeiter/innen in unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen unterstützt. Es bietet nicht nur die eine, sondern – von heterogenen Bedürfnissen ausgehend – verschiedene Lösungen an. Die einzelnen Bausteine werden regelmäßig auf ihre Tauglichkeit überprüft, damit sie zum Unternehmen passen und die einzelnen Mitarbeiter-Zielgruppen wirksam erreichen.

Unser Ziel heißt Chancengleichheit. Ein Schlagwort, denn gleiche Chancen für alle gibt es nicht. Gemeint ist ein partnerschaftliches Zusammenarbeiten zwischen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ein Arbeitsumfeld, in dem sich Frauen nach Neigungen und Fähigkeiten in gleichem Maße wie Männer beruflich entwickeln können.

Das letzte Jahrzehnt hat gezeigt, daß sich dieser Prozeß nur langsam und zum Teil sehr mühsam in Gang setzt. Deutlich wurde auch, daß nur kontinuierlich eingebrachte Konzepte und Maßnahmen greifen und daß sich viele Seiten engagieren müssen.

Betriebliche Angebote stoßen an Grenzen, wenn im privaten oder gesellschaftlichen Umfeld andere Vorstellungen existieren. So ist es beispielsweise noch weitestgehend für Männer tabu, Erziehungsurlaub zu nehmen oder in Teilzeit zu arbeiten. Letztendlich wird uns aber nur ein Aufweichen der alten Rollenverteilung weiterbringen. Das bedeutet, daß sich jeder – unabhängig vom Geschlecht – beruflich oder familiär so engagieren sollte, wie es ihm liegt und Spaß macht.

Der Prozeß hin zur Chancengleichheit läßt sich nicht mehr umkehren. Viele Frauen streben nach ökonomischer Unabhängigkeit und fordern aufgrund ihrer Ausbildung die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten in den Unternehmen wie Männer. Sie sind inzwischen zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor im Bankenbereich geworden, denn der Erfolg hängt ausnahmslos von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab. In der Commerzbank werden wir Sorge dafür tragen, daß Chancengleichheit auch weiterhin ein aktuelles Thema bleibt.