VERÄNDERTE
VERHÄLTNISSE ERFORDERN NEUE SOZIALSTAATLICHE LEITBILDER
von Ilona Ostner
1. Einleitung
Wenn ich meine Aufgabe richtig verstanden
habe, soll ich vor dem Hintergrund veränderter Lebens- und Arbeitsverhältnisse
von Frauen und Männern, - Veränderungen die, oft verkürzt,
als "Individualisierung und nichts weiter" identifiziert werden,
- Leitbilder der Sozialpolitik entwerfen, - von Sozialpolitik als Gesellschaftspolitik.
Ich habe mich entschieden, mein Thema auf
Veränderungen im Geschlechterverhältnis zuzuspitzen, also die
Arbeitswelt in diesem Zusammenhang und davon abgeleitet zu diskutieren.
Ferner biete ich keine neuen Leitbilder. Stattdessen versuche ich Ordnungsprinzipien
und Gütekriterien für Sozialpolitik - und zwar wiederum
zugespitzt auf eine Sozialpolitik für Frauen und von da aus für
Männer und Kinder - zu benennen, die den erreichten Stand individueller
und kollektiver Handlungsmöglichkeiten nicht nur zu verteidigen, sondern
auch zu erweitern weiß. Solch ein Ordnungsprinzip ist für mich
das der "komplexen Gleichheit". Ich versuche es sehr vorläufig
und unvollständig vom Prinzip der "einfachen Gleichheit",
"Unabhängigkeit als Freiheit vom Mann", das bis heute nicht
nur von Teilen des Feminismus verfochten wird, abzugrenzen.
Auch wenn sie "Walzersch" klingen,
habe ich die beiden Prinzipien Nancy Frasers Überlegungen zu einer
Geschlechterpolitik "nach dem Fall des Ernährerehemann-Modells"
entlehnt und erweitert. Frasers Ansatz profitierte allerdings von Michael
Walzers und Robert Goodins Versuchen, Wohlfahrtsstaatlichkeit zu begründen
und einzugrenzen. Walzer und Goodin haben durchaus universalisierbare Prinzipien,
man kann sie teilweise auch Gütekriterien nennen, die Gesellschaftspolitik
leiten sollen. Goodin konzentriert sich dabei auf unabdingbare minima moralia
einer Sozialpolitik, die sich kontinuierlich gegen ihre Gegner verteidigen
muß und können soll.
Ich werde in meinem Beitrag hauptsächlich
solch ein Bündel von Gütekriterien vorstellen. Es handelt sich
dabei sozusagen um Leitbilder zweiter Ordnung. Gütekriterien entheben
uns zunächst einer Antwort auf die Frage, für welche konkrete
Inhalte, Lebens- und Arbeitsformen, was immer auch heißt: für
welche alternativen Vorstellungen vom - ich nenne es jetzt mal salopp -
"guten Leben" wir eintreten sollen. Ein komplexes Bündel
von Gütekriterien, hilft uns stattdessen, jede Art von Leitbild und
damit verbundenem Politikpaket auf die Differenz zwischen "gut"
und "gutgemeint" hin abzuklopfen. Die Diskussion würde sich
dann auf die Gütekriterien, ihre Angemessenheit, konzentrieren. Deren
Wahl müßte - kritisch-reflexiv - wiederum Gütekriterien
folgen: z.B. Immunität gegenüber politischen Konjunkturen, um
einen stabilen Rahmen der Bewertung liefern zu können.
Aufbau
Ich beginne meine Ausführungen mit einigen
Hinweisen auf den "Wandel der Lebensformen" (Abschnitt 2). Er
gilt allgemein als eine der zentralen Herausforderungen an den althergebrachten
Sozialstaat. Sicher, dieser Wandel hat stattgefunden und findet statt;
aber er erfaßt nicht alle Schichten, nicht alle gleichermaßen
und ein für allemal. Diese Differenzierung und Dynamik im Wandel macht
es schwierig, Leitbilder in die Zukunft zu projizieren. Darum auch mein
Rückzug auf Leitbilder zweiter Ordnung, jene Gütekriterien. Im
dritten Abschnitt "Geschlechterordnung und Wohlfahrtsstaat" skizziere
ich will die Geschlechterordnung, die bis heute dem deutschen Sozialstaat
zugrundeliegt und die nun überholt sein und werden soll - eben auch
mit der Leitbilddiskussion. Im Hauptteil meines Beitrags - Abschnitte 4
und 5 - stelle ich das Prinzip einfacher Gleichheit und Gütekriterien
komplexer Gleichheit vor, die in Abschnitt 6 an zwei Leitbilder erster
Ordnung, dem universellen Ernährer-Modell und dem Modell gleichwertiger
Sorge, angelegt werden sollen.
2. Wandel der Lebensformen
- wieviel wovon bei wem?
Nach einem detaillierten Durchgang
durch "Mythen und Fakten" zum Strukturwandel der Familie kommt
Günter Burkart zum Schluß, daß es gegenwärtig auch
unter denen, die von einem radikalen Umbruch sprechen, nur noch wenige
gibt, "die der Familie keine Zukunft mehr geben" (1995, 11).
Die Forschung der letzten Jahre habe auch ihnen gezeigt, daß es eine
Reihe erstaunlich stabiler Aspekte gebe. Nach wie vor konstituiere sich
die Familie entsprechend der klassischen Definition durch die Kombination
der beiden Differenzierungslinien Geschlecht und Generation, heterosexuelles
Paar und Eltern/Kinder-Verhältnis. Elternschaft und Paarbeziehung
machen immer noch den stabilen Kern aus. Allerdings habe sich die Beziehung
zwischen Partnerschaft und Elternschaft gelockert; zugleich seien beide
Teilelemente für sich stärker, dabei exklusiver und damit auch
zum möglichen Konfliktfeld für einander geworden (ebd., 12).
Aber auch solche Befunde seien zu relativieren.
Familiengründung und Paarbeziehung konkurrieren nicht unter allen
Umständen und in allen Milieus, sondern vor allem in der Gruppe der
Zwei-Karrieren-Paare im "individualisierten Milieu". Hier reiben
sich möglicherweise Selbstentfaltung im attraktiven Beruf und/oder
in einer individuellen Partnerschaft so sehr, daß Kinder kaum in
Frage kommen (ebd., 13). Die überwiegende Mehrheit der Paare in Land
und Stadt, einfache Angestellte und Arbeiter, heiratet, bleibt zusammen
und hat daher auch häufiger mehr als ein Kind. Dies gilt auch für
ostdeutsche Familien.
Burkarts Arbeiten markieren einen vorläufigen
Endpunkt in der nun über zehnjährigen Debatte über den Wandel,
die Individualisierung und Pluralisierung, von Ehe und Familie. Sie zeigen
vor allem, daß die Möglichkeit, zusammenzuleben, eine Ehe zu
schließen und eine Familie zu gründen, wie auch umgekehrt, auf
all dies verzichten zu können, nicht nur von Werten, sondern auch
von harten strukturellen Daten abhängt. Zwei Entwicklungen tragen
zur Zunahme der Gruppe der meist kinderlosen Ledigen bei: die Erhöhung
von Bildungs-, Berufs- und Konsumchancen, von der vor allem auch Frauen
profitierten. Dies ist noch die deutsche Situation. Die zweite Entwicklung
spielt bislang bei uns nur in pessimistischen Prognosen eine Rolle. Für
die USA erklärt sie jedenfalls einen Großteil des von Ledigsein,
Scheidung und Alleinerziehen: das kontinuierliche Absinken und die Unsicherheit
der männlichen Einkommen, auch in den unteren Mittelschichten, die
lausigen Löhne einer wachsenden Zahl von gering und unqualifizierten
Männer sowie deren sehr viel höheres Erwerbslosigkeitsrisiko.
Eine Partnerschaft und Kinder zu haben, wird möglicherweise zu einem
Privileg der Bessergestellten. Soll Politik hier intervenieren?
"Does a democracy have a stake
in promoting a particular vision of the family?" (Elshtain 1990a).
Für Jean Bethke Elshtain ist dies die
entscheidende Frage, die, so ihre Behauptung, wir durch unsere Konzentration
auf Belege für den Wandel und die Krise der Familie sowie auf Maßnahmen
"problemspezifischer Krisenintervention" zu stellen versäumen,
wenn nicht gar vermeiden. Allzuoft gelte das Scheitern einzelner Ehen und
Familien, gelten Machtmißbrauch, Gewalt oder Gleichgültigkeit
nicht als mögliche, traurige Folge menschlichen Handelns, häufig
von Menschen in Not, sondern als Beweis dafür, daß etwas grundsätzlich
faul sei in Ehe und Familie (ebd., 83). Dem Ruf von Teilen von Politik
und sonstiger Öffentlichkeit vor allem in den USA und UK, ein normales
Ehe- und Familienleben irgendwie zu erzwingen, steht dort die immer lauter
werdende Stimme partikularer Gruppen gegenüber, die im Zusammenbruch
der Familie zugleich den Durchbruch zu einer wünschenswerteren Alternative
sehen und solche Alternativen, z.B. das Alleinerziehen oder "die homosexuelle
Ehe und ihr Recht auf Reproduktion" (Stacey, 1995, 207), gefördert
wissen wollen.
Soll sich eine demokratische Gesellschaft
für eine bestimmte Vision der Familie einsetzen? Wie einleitend gesagt,
umschiffe ich eine Antwort auf diese Frage. Diese Gesellschaft sollte es
jedenfalls Menschen nicht erschweren, eine Partnerschaft und Familie zu
gründen und für diese selbst zu sorgen - und falls gewollt, dies
eben auch "eigenhändig", selbst, zu tun.
Zusammengefaßt: Das Neue im Wandel und
Wandel überhaupt fallen eher auf als das Bleibende oder das sich aufs
neue, auch auf neue Weise Verfestigende - so sind z.B. Treueansprüche
in Beziehungen gestiegen gerade als Reaktion auf Individualisierung/Selbstent-faltung.
Allzu leicht wird übersehen, daß, so Thomas Gensicke in seiner
Studie zum Wertewandel (1994, 36-7),
"die Bevölkerung nie jene
alternative Kritik mitvollzog, die sich gegen Ehe und Familie als solche
richtete. Sie wollte eine Liberalisierung von Ehe und Familie, die sie
ansonsten als Hort emotionaler Geborgenheit sehr schätzte".
Die Bevölkerung, nicht nur die deutsche,
will also Optionen und Ligaturen, Freiheit und Zugehörigkeit. Dies
ist, wie mehrfach gesagt, auch ein Grund, auf Leitbilder zweiter Ordnung,
auf Gütekriterien, auszuweichen und mit ihrer Hilfe, entstehende Lebensverhältnisse
kritisch zu beobachten. Vom überlieferten Normalarbeiter-Ernährer-Modell
heißt es nun, es beschneide unzulässig Optionen, vor allem für
Frauen, aber auch für Männer. Auf dieses Modell, auf diese Geschlechterordnung,
hat das Prinzip einfacher Gleichheit, Unabhängigkeit als Freiheit
vom Mann, reagiert. Zunächst zur Geschlchterordnung ...
3. Geschlechterordnung
und Wohlfahrtsstaat
Sozialpolitik, hier: den Systemen
sozialer Sicherung, liegt eine je nationale Geschlechterordnung zugrunde.
Diese regelt mittelbar oder unmittelbar, wer - Frau oder Mann - welche
Aufgabe, in welcher Form für welchen Zeitraum übernehmen soll.
Geschlechterordnungen formulieren Normen, Erwartungen, an die beiden Geschlechter.
Wer soll für das kleine Kind sorgen? Wer für die alte Mutter?
Wer für beide, für den Haushalt usw. überwiegend finanziell?
Beruflich und bezahlt? Oder durch persönliche Hilfe zuhause? Sollen
überhaupt alle, Frauen wie Männer, soweit wie möglich erwerbstätig
sein? Welche sozialen Kosten welcher Art sollen jeweils in Kauf genommen
werden: von den einzelnen, von der Gemeinschaft? Wohlfahrtsstaaten unterscheiden
sich in den Antworten auf solche Fragen. Einige überantworten einen
Großteil der erwähnten Aufgaben dem Staat und damit der Solidarität
der Steuerzahler; andere überlassen sie dem Geschick und der Selbsthilfe
des Haushalts. Wieder andere wählen Kombinationen solcher Lösungen.
Jeweils werden Kosten neuer Art produziert. Sozialpolitik kann durch konkrete
Maßnahmen wie auch durch unterlassene Hilfe Frauen und Männern
unterschiedliche Aufgaben und Lebenswege zuweisen.
Trotz aller länderspezifischen Unterschiede
hat bis in die jüngste Zeit die Vor-stellung, der Mann solle durch
einen ausreichenden Lohn und entsprechende Lohnersatzleistungen seine Familie
alleine unterhalten können, die Entwick-lung und den Ausbau moder-ner
Sozialpolitik in den meisten Wohlfahrtsstaaten bestimmt. Diese unterstellen
bis heute, wenn auch weniger offen als z.B. in der Zeit nach dem Zweiten
Weltkrieg, diese Norm des "starken Ernährer-Ehemannes".
Die Stärke oder Schwäche dieser Norm gibt rasch Auskunft über
Besonderheiten der Erwerbsbeteiligung von Frauen und über die Art
ihres Einschlusses in das System sozialer Sicherung. Mehr noch, das Gewicht
des Ernährers im Modell sagt auch das der Familie in einer Gesellschaft
voraus: ob sie ein Leben lang vorrangig ihre Mitglieder in Kindheit und
Alter oder bei Invalidität zu betreuen hat. Man kann idealtypisch
- und empirisch bis heute noch ansatzweise - "starke", "moderate"
und "schwache" Ernährer-Wohlfahrtsstaaten mit entsprechend
"starken", "moderaten" oder "schwachen" Familienpflichten
unterscheiden.
Die "starke" Ernährer-/Familienpflicht-Ordnung
ist normativ wie empirisch unter Druck geraten. Empirisch, weil ihre sozioökonomi-schen
Voraussetzungen zunehmend erodieren, im Verschwinden begriffen sind: Immer
weniger Männer können - vor jedem Wollen - der Norm des Haupternährers
- sei es im Hinblick auf Höhe des Einkommens oder Sicherheit der Beschäftigung
genügen. Immer mehr sind auf ein zweites Haushaltseinkommen - durch
Erwerb oder Transfers - angewiesen, wie bisher ihre Frauen. Dies trifft
z.B. vor allem auf Ostdeutschland zu, auch auf die USA. Frauen müssen
heute erwerbstätig sein, ob sie wollen oder nicht. Nicht nur Frauen
ohne Partner, sondern auch immer mehr Männer ohne Partnerin riskieren
Armut, - Einkommensarmut, aber auch Teilhabearmut, hier bestimmt
als: sinkende Möglichkeit, Partnerschaft und Familie zu leben. Auf
diese verdrängte Dialektik der Individualisierung hat jüngst
Hondrich hingewiesen.
Die traditionelle Ordnung ist normativ erodiert,
weil die skiz-zierten Normalitätsunterstellungen - starker Ernährer-Ehemann
und Normalarbeiter, vor-, zu- und nacharbeitende, allzeit verfügbare
donna immobile zuhause - von immer mehr Frauen - Männern möglicherweise
auch, wahrscheinlich aus anderen Gründen - zurückgewiesen worden
sind. Die Zurückweisung ist - möglicherweise zunächst zwangsläufig
und für Frauen notwendig - ganz der Logik eines einseitig halbierten
Begriffs der Individualisierung gefolgt, der Wählbarkeit und Intentionalität
des Handelns gegenüber nicht an- oder abwählbarer Ein-Bindung
geltend macht.
4. Einfache
Gleichheit oder die Freiheit zu bleiben/gehen
Die angloamerikanische wie auch
die skandinavische feministische Wohlfahrtsstaatsanalyse setzt hier an.
Sie hat am Fall der besonders verwundbaren Gruppe der alleinerziehenden
Frauen Gütekriterien - richtiger: ein einziges - für die Beurteilung
aktueller und zukünftiger sozialstaatlicher Leistungen, für deren
"Frauenfreundlichkeit" entwickelt. Dabei bildet die Norm der
Unabhängigkeit den übergeordneten Maßstab. "Unabhängigkeit"
wird zunächst ökonomisch bestimmt als Möglichkeit eigenständiger
Existenzsicherung. Ökono-mische Unabhängigkeit erhält man
in einer modernen Marktwirtschaft am ehesten durch kontinuierliche Erwerbschancen
und - im Falle durchschnittlicher Erwerbsrisiken - durch den durch Erwerbsarbeit
erworbenen Anspruch auf Einkommensersatzleistungen. Deshalb ist die der
männlichen vergleichbare Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt
ein zentraler Indikator für weibliche Unabhängigkeit.
Diese wiederum erlaubt Frauen zu wählen,
ob sie in einer Ehe bleiben oder diese verlassen. Wie Arbeit im Marxismus
für Klassenverhältnisse, so ist "Sexualität",
- hier weit gefaßt, - ihre Ordnung, konstitutiv für Geschlechterverhältnisse,
- konkret: für weibliche Lebenschancen. So - paraphrasiert - Catherine
MacKin-non. Daher das Gewicht der privaten Beziehungen in der feministischen
Analyse und für die Entwicklung von Gütekriterien frauenfreundlicher
Politik. Sie sollen das Gehenkönnen und mit ihm das Bleiben aus freien
Stücken, eine Definition von Liebe, ermöglichen.
Barbara Hobson hat dieses Kriterium der Freiheit
zu gehen - eine Umschreibung von Unabhängigkeit - m.E. mit am besten
herausgearbeitet - und zwar in Anschluß an Albert Hirschman. Dieser
entwickelte in seiner klassischen Studie "Exit, Voice and Loyality"
einen Bezugsrahmen, der im Prinzip auch für die Analyse innerehelicher
Machtverhältnisse genutzt werden kann. "Exit" ist für
ihn die "Abstimmung mit den Füßen, also die Möglichkeit
eines Individuums, eine Situation zu ver-lassen.
Die Beziehung zwischen "Ausstieg"
(exit) und "Widerspruch" (voice) ist kompliziert. Fällt
das Gehen allzu leicht, wird es z.B. strukturell zu leicht gemacht, lohnt
es sich erst gar nicht, sich zu beschweren. Umgekehrt kann der Widerspruch,
falls überhaupt geäußert, in einer Sackgassensituation
leicht überhört und totgeschwiegen werden.
Bei aller Differenzierung: "ökonomische
Unabhängigkeit", exit und voice als Voraussetzungen von loyality,
des Bleibens, sind Bestandteile nur eines einzigen, einfachen Gütekriteriums
"frauengerechter Politik": Unabhängigkeit - wie der Mann
- und - vom Mann. Zukünftige Sozialpolitik in einem "postindustriellen",
oder wie auch immer genanntem, Wohlfahrtsstaat muß - so auch Fraser
- radikal neuen Bedingungen von Arbeit und Leben, von "Reproduktion",
gerecht werden. Auch der zukünftigen Sozialpolitik wird eine Geschlechterordnung
zugrundeliegen - aus den oben skizzierten Gründen. Sie muß Forderungen
nach Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung genügen und dabei gleichzeitig
die Vielfalt weiblicher Lebensentwürfe und -formen beachten. Mit einem
Wort: Es geht um komplexe Gleichheit und um Kriterien, die diesem Wert
gerecht werden.
5. Gütekriterien
komplexer Gleichheit
Konkret fragt solch eine Konzeption
zunächst, wer überhaupt diese Menschen sind, für die wir
Sozialpolitik entwerfen. Was treibt sie um? Welche bekannten und unbekannten,
genutzten und ungenutzten Potentialen besitzen sie? In welchem Umständen
leben sie? Martha Nussbaum, aber auch Jon Elster warnen davor, die spontanen
Antworten der Betroffenen auf solche Fragen für bare Münze zu
nehmen. Geäußerte Präferenzen spiegeln vor allem gelebte
Erfahrung, oft die beschränkter Möglichkeiten. Wünsche haben
sich nolens volens und meist hinterrücks den vorgefundenen mehr oder
weniger beschränkten Verhältnissen angepaßt. "Desires
adapt to deprivation". Deshalb, ich paraphrasiere nun Nussbaum, kommt
keine politische Konzeption ohne eine Vorstellung von der Fülle des
menschlichen Lebens und Überlegungen zu Strukturen ihrer Ermöglichung
bzw. Beschränkung und Verhinderung aus.
Ich kann dies hier nicht weiter ausführen.
Feministinnen jedenfalls stimmen weitgehend darin über, daß
die Erprobung der eigenen beruflichen Tüchtigkeit ebenso dazu gehört
wie die Möglichkeit, Andere zu lieben und zu umsorgen, geliebt und
umsorgt zu werden; ferner Bewegungsfreiheit, der gleiche Zugang zur Öffentlichkeit,
vor allem der politischen, Achtung, Selbstachtung und Unverwechselbarkeit
der Person. Und kaum jemand wird bestreiten, daß Konflikt und Widersprüche
zum modernen "vollen" Leben gehören und ihre Bewältigung
wesentlich zur Unverwechselbarkeit eines Menschen beitragen. Es ist nicht
Aufgabe von Politik, ihre Bürger von Konflikten und Widersprüchen
zu verschonen.
Zu fragen bleibt nun, welche geschlechterpoliti-sche
Konzeption dieser Fülle am meisten entgegenkommt. Um diese Frage zu
beantworten, bedarf es der eingangs erwähnten Gütekriterien.
Evident ist zunächst, daß sie sich einer Parteilichkeit der
alten Art - Gleichheit versus Differenz - entziehen, diese überwunden
haben müssen. Ich stelle im folgenden Nancy Fraser Konzeption zur
Diskussion.
Kriterien oder Prinzipien
1. Vermeidung von Verarmung und Armut
Dies zu tun und zwar in einer
nichtdiskrimierenden, nicht-poenalisierenden Weise ist der allererste,
wenn auch nicht der oberste Zweck von Sozialpolitik [Sozialhilfe greift
hier möglicherweise nicht].
2. Vermeidung ausbeutbarer
Verwundbarkeit [Goodin]
Dieses Prinzip hängt mit dem ersten
zusammen: Die Leistungen müssen quantitativ und qualitativ so zugeschnitten
sein, daß sie die Freiheit zu gehen - auch mit dem Kind - ermöglichen.
Es geht hier um "individualisierte" im Unterschied zu haushaltbezogenen
Ansprüchen. Zu denken wäre hier an Bürgergeld-Konzeptionen
als individueller Rechtsanspruch.
3. Gleichbehandlung
Dieses Prinzip kommt dreifach daher
als (1) Lohngleichheit, vor allem im Sinne von Nichtdiskriminierung; (2)
Gleichheit an Freizeit; (3) Gleichheit der Achtung.
4. Vermeidung von
Marginalisierung
Maßnahmen können den bisherigen
Kriterien genügen und doch Frauen - als eine Gruppe neben anderen
- marginalisieren, in eine abgeschottete Sphäre abdrängen und
den Zugang zu anderen, an sich allgemein zugänglichen, offenen.
5. Vermeidung von
Androzentrismus
Die Beachtung der bisher genannten Prinzipien
könnte nach wie vor das männliche Leben als Norm unterstellen
und fördern, z.B. wenn - vergleichbar zum Mann - das Gewicht auf Gleichstellung
im Erwerbsleben und Kompensation für Nichterwerbszeiten gelegt wird.
Frauen, so Fraser, sollten nicht gezwungen sein, wie Männer zu werden
und sich in für Männer geschaffene Institutionen zu zwängen,
einzig und allein, um in den Genuß vergleichbarer Lebenschancen zu
kommen.
6. Passagen- statt
Statussicherung
Menschen sollten nicht in einem Status
festgehalten werden. Eine einmal getroffene Status-Entscheidung bzw. die
Zuteilung eines bestimmten Status - des Sozialhilfeempfängers, Erwerbslosen
- muß revidierbar sein. Nicht jeder Status ist abwähl- oder
revidierbar. In diesen Fällen gilt Walzers Prinzip der Sphärengerechtig-keit:
Ungleichheit in einem Teilbereich darf nicht zur Ungleichheit in einem
anderen führen ... also eine andere Variante der Passagensicherung.
Diese sechs Prinzipien unterstützen sich
teils gegenseitig, teils konfligieren sie miteinander. Dies wird besonders
deutlich, legt man sie an zwei verschiedene ideale, - in der Wirklichkeit
bestenfalls in nuce vorhandene, - Politikkonzeptionen an: an das Modell
einer "universalisierten Ernährer-Rolle", kurz: das Modell
der Ernährer-Eltern, bzw. das Modell einer "Gleichwertigkeit
der häuslichen Sorge".
6. "Universalisierte
Ernährer-Rolle" und "Gleichwertigkeit der Sorge"
Die sozioökonomischen und
-politischen Voraussetzungen des ersten Modells liegen auf der Hand: Vollbeschäftigung
für alle, hohe und gleich hohe Einkommen und Transfers, entsprechende
makroökonomische Politiken, hohes Angebot an öffentlich finanzierten
Diensten zur Entlastung der Familien von Sorgepflichten; entsprechend hoher
Konsensbedarf für hohe Steuern und Umverteilung. Lassen wir die Realisierbarkeit
einmal beiseite, zeigt sich doch rasch, daß die ideale Welt des universal
breadwinning im Hinblick auf unsere Gütekriterien keineswegs ideal
abschneidet.
Das Modell verhindert Armut, auch im Falle
von Scheidung und Alleinerziehen, allerdings um den Preis der unbedingten
Arbeits-willig- und -fähigkeit. Für die Mehrheit der Frauen verhindert
es auch ausbeutbare Abhängigkeiten: Sie haben Exit-Optionen und Voice,
vorausgesetzt Frauen haben sichere und gutbezahlte Er-werbsarbeit. Alle
Bedingungen erfüllt, verringert das Modell den Abstand der Löhne
von Frauen und Männern. Der Preis ist jedoch Zeitarmut. Neben der
Vollzeiterwerbsarbeit bleibt die Hausarbeit, deren Verteilung das Modell
nur sehr bedingt steuern kann. "Universal breadwinning" garantiert
zwar Gleichheit der Achtung, aber wiederum um den Preis der Anpassung an
männliche Normen. Jedes erwerbszentrierte Sozialmodell, wie auch immer
feministisch geläutert, steht vor dem Problem, für Nicht-Erwerbsarbeiter
einen respektablen Status zu reklamieren. Vom Gesichtspunkt der Fülle
menschlicher Teilhabemöglichkeiten in einer Zivilgesellschaft betrachtet,
beschneidet das Modell allein aus Gründen der nur knapp, wenn überhaupt
verfügbaren Zeit, Möglichkeiten politischer Partizipation - freier
Assoziation, den Lebensnerv einer modernen Demokratie. Schließlich
begünstigt das Modell mit der Erwerbszentrierung Männer und männliche
Werte und hilft bestenfalls, Frauen irgendwie einzupas-sen. Hausarbeit,
Sorge für die Familie gerät damit unter der Hand zu einem Störfaktor,
der technokratisch bewältigt werden muß. So überrascht
auch kaum, daß dieses Modell - selbst im idealen Fall - nur die Frauen
begünstigt, die weitgehend dem starken Ernährer des traditionellen
Modells entsprechen. Das heißt dann auch, daß die Passage in
die Nicht-Erwerbsarbeit, falls im Modell überhaupt als Passage in
einen längerfristigen Status vorgesehen, mit hohen Kosten verbunden
ist.
Und das Modell "gleichwertiger Sorge"?
In seiner neuen, "post-industriellen" idealen Variante hilft
es Frauen mit Familienpflichten, sich selbst zu unterhalten, sei es durch
Formen des Pflegeentgelts und/oder durch Kombination von Pflegegeld und
Teilzeitarbeit. Ziel ist, so Fraser,
not to make women's lives same as men's,
but rather to "make difference costless".
Ein ehrgeiziges Projekt, das vor allem christdemokratische
Wohl-fahrtsstaaten wenigstens ansatzweise zu verwirklichen suchen. Schließlich
geht es darum, dieses "gemischte" Modell [im Hinblick auf Logik
der Arbeit] in einer Erwerbsgesell-schaft kostenfrei zu machen und zu halten:
Beides zusammen - Haus- und Erwerbsarbeit - muß dem Einkommen und
der Sicherung entsprechen, die eine Vollzeitarbeit gewährt! Das Projekt
stellt hohe Anforderungen nicht nur an die Systeme sozialer Sicherung -
Neudefinition von echten und fremden Versicherungsleistungen, sondern auch
an Arbeitgeber, an die Gestaltung von Arbeitsplätze und die Kooperation
zwischen Kollegen. All dies einmal garantiert - wie schneidet dann das
Modell im Hinblick auf unsere Gütekriterien komplexer Gleichheit ab?
Es würde sehr wohl Armut bekämpfen,
und zwar die von Frauen und Kindern, - allerdings auf Kosten derer ohne
ent-sprechende Erwerbs- und Sorgekarrieren - vor allem von Männern.
Ähnliches gilt für die Vermeidung ausbeutbarer Abhängigkeit.
Alleinstehende ohne ausreichende Sorge- und Erwerbsbilanz sind die Verwundbaren
dieses Modells. Dabei verwandelt das Modell alle Frauen poten-tiell und
meist auch faktisch in flexible Arbeitskräfte mit ungleichen Einkommens-
und Karrierechancen. Das Pflegegeld kann diesen Ausfall nur marginal und
nur für bestimmte Gruppen kom-pensieren. Frauen gewinnen vielleicht
mehr Zeit - als Ausgleich für entgangene Karrierechancen, allerdings
kaum als Alleinerziehende oder -betreuende - ein Dilemma, das allein Frauen
trifft. Inwieweit eine Politik der Gleichwertigkeit trotz Differenz tatsächlich
der Sorgearbeit mehr Achtung verschafft, ist schwer einzuschätzen.
In jedem Fall marginalisiert sie Frauen, in dem sie ihnen doch eine spezifische
Sphäre zuweist. Schließlich führt diese Politik nolens
volens zu einer Gleichsetzung von Erwerbsarbeit und Männlichkeit.
Auf dem ersten Blick fördert das Modell nichterwerbszentrierte Werte,
verringert Männerzentriertheit. Andererseits bietet es keinen Anreiz
für Männer, sich zu ändern. Auch dieses Modell fixiert den
Status, diesmal den der Betreuerin. Ihr Schatten kann dann auch in der
Erwerbsarbeit nicht mehr abgeschüttelt werden: Karrierechancen sind
durch sie endgültig verloren oder zumindest erheblich beschnitten.
Frasers Kritik an beiden Modellen betont zunächst,
daß keines, nicht einmal in der Utopie seiner jeweiligen idealen
Verwirklichung allen Gütekriterien komplexer Gleichheit genügt.
Gewiß stellen sozialpolitische Maßnahmen des einen und des
anderen Modells auf dem Weg ihrer Verwirklichung - gemessen am residualen
amerikanischen Wohlfahrtsstaat - eine wesentliche Verbesserung dar. Aber
sie scheitern doch daran, Sorgetätigkeiten so attraktiv zu machen,
daß sich Männer, wenn schon nicht darum reißen, so doch
nicht davor drücken - wo und wenn immer möglich. Keines der beiden
Modelle verlangt, daß sich Männer ändern.
Genau dies ist für Fraser das - manche
würden sagen: "postfeministische" - Gütekriterium einer
komplexen Gleichheit. Es holt die andere, in der Betonung von Unabhängigkeit,
Wählbarkeit usw. verdrängte Seite der Individualisierung wieder
ein: die geteilter und zu teilender Verantwortung für das, was Michael
Walzer "hard work" nennt, übersetzt u.a. als "Drecksarbeit".
Sie ist für ihn weder an den Markt noch an den Staat, nicht an irgendwelche
"bezahlte Sklaven" zu delegieren. Von ihr soll man sich nicht
loskaufen dürfen, weder individuell noch kollektiv. Stattdessen soll
Politik dafür Sorge tragen, daß Ungleichheit in einer Sphäre
- z.B. die unterschiedliche Belastung von Eltern durch Sorgearbeit - nicht
in andere Bereiche überspringt.
"Komplexe Gleichheit" bedeutet dann
u.a., von einer einfachen Vorstellung von ökonomischer Abhängigkeit
bzw. Unabhängigkeit abzurücken und die Frage nach längerfristig
angelegten Reziprozitätsbeziehungen zwischen den Partner und zwischen
Eltern und Kindern in den Mittelpunkt zu stellen. Ich komme damit zu einem
weiteren Kriterium, an dem die Modelle, nicht nur die vorgestellten sondern
weitere Leitbilder vom guten Leben, zu messen wären: Inwieweit ermöglicht
ein propagiertes Leitbild Zugehörigkeit - belonging, loving, affiliation
- und zwar auf verläßliche Weise? Es geht um die Integrationskraft
des jeweiligen Modells für die Beteiligten und schließlich die
Gesellschaft. Beide vorgestellten Modelle versuchen, Frauen - mit oder
ohne Familienpflichten - von Männern unabhängig zu machen. Die
Kriterien werden ausschließlich zur Bewertung der Entwicklungs- und
Handlungsmöglichkeiten der Frauen, nicht der Kinder oder ihrer Väter
verwendet. Komplexe Gleichheit bleibt eingeschränkt auf die für
Frauen. Beide Modelle sind so sehr auf "der Frauen eigenes Geld"
fixiert, daß sie den spezifischen einmaligen Wert der sozialer Beziehungen,
auch der Paarbeziehung, gerade der eheförmigen, unterschätzen,
ja ignorieren [ebenso Generationsbeziehungen]. Dabei offenbart ein zweiter
Blick, daß die beiden vorgestellten Modelle - selbst wenn Männer
sich darin kaum verändern - doch auf etwas aufbauen, was Valerie Oppenheimer
ein "multidimensional package of mutual dependencies" nennt,
die Ehe bzw. eheähnliche Beziehung, die als solches package zugleich
eine äußerst effiziente soziale Beziehung darstellt. In beiden
vorgestellten Modellen ist der reziprozierende Partner immer schon mitgedacht.
Ohne ihn funktioniert weder das eine Modell noch das andere, weder das
universalisierte Ernährer-modell noch das der Gleichwertigkeit der
Sorge, auch nicht idealerweise.
Oppenheimers Daten zeigen für die USA,
daß gerade gutverdienende Frauen heiraten und überhaupt leicht
einen Partner finden, was der gängigen These widerspricht, die Heiratsneigung
sinke mit der ökonomischen Unabhängigkeit von Frauen, weil -
so geht das Argument - mit der Möglichkeit zur eigenständigen
Existenzsicherung zugleich der Nutzen der Ehe für diese Frauen sinke.
So kommt es möglicherweise zu dem Paradox, daß diejenigen Gruppen
auf verläßliche Solidaritäten privater Beziehungen zurückgreifen
können, die diese am ehesten teilweise - falls und wo möglich
- durch Geld substiutieren könnten.
7. Ausblick
Das universalisierte Ernährer-Modell
und das gleichwertiger Sorge sind auf je spezifische Weise äußerst
voraussetzungsvoll. Die Politik einer universalisierten Ernährerrolle
- Finnland, Schweden oder Dänemark schienen einmal auf dem Weg dahin,
ist m.E. ein Auslaufmodell; die Politik einer verallgemeinerten Gleichwertigkeit
der Sorge - über alle Schichten hinweg - ist kaum in Ansätzen
verwirklicht und schon wieder bedroht.
Von ökonomischer Unabhängigkeit
sind Frauen heute immer noch weit entfernt, mit einem Unterschied: daß
Erwerbsarbeit auch immer weniger Männer auf eigene Füße
stellt. Amerikanische Daten zeigen, daß Frauen und Männer mehr
Zeit mit Erwerbsarbeit verbringen als früher und dies bei sinkenden
Einkommen. Eine den Gütekriterien entsprechende "gemischte"
Option "Sorge plus Teilzeit" möglichst kostenlos anbieten
können weder England noch die USA, und die BRD, F oder die NL wenn
dann immer weniger Haushalten.
Nationale Politik und Gesetzgebung muß
viele Ziele verfolgen. Die Überalterung der Gesellschaft und die sinkende
Bereitschaft von Frauen, Kinder zu bekommen, - nicht unser Problem hier,
vermute ich - machen Schlagzeilen. Da ist vor allem die anhaltende Arbeitslosigkeit,
oft junger, wenig qualifizierter Männer. Die Absenkung der Löhne
mag Arbeitsplätze schaffen, - aber bringen diese mehr und schneller
Geld als Diebstahl oder Drogenhandel in einer Zeit der Entstigmatisierung
- weil Vermassung - von Kriminalität? Leitbilder müssen auf Herausforderungen
an die sozialintegrative Kraft unserer Gesellschaft antworten können.
Junge erwerbslose Männer werden, wie
ein Kommentator der britischen und amerikanischen "crime crisis"
jüngst in der Financial Times meinte, anders als erwerbslose Frauen
leichter kriminell. Der Kommentator schlug prompt vor, den jungen Männer
die Jobs der Frauen und diesen wiederum die nun beschäftigten Männer
zur Heirat anzubieten: Zwei Fliegen mit einer Klappe also! Während
sich die Erwerbschancen und -einkommen von Frauen denen der Männer
angleichen, u.a. weil deren Chancen sinken, können diese Männer
immer seltener eine Familie ernähren. Gleichzeitig sinkt ihr Attraktivität,
ökonomisch ausgedrückt, ihr Wert im Beziehungs-/Heiratsmarkt.
In solch einer Zeit, Leitbilder wie etwa das der swinging singles im Europa
der Individuen, anzubieten, ist naiv oder zynisch.
Literatur
Burkart, Günter, 1995: "Zum Strukturwandel
der Familie. Mythen und Fakten", in Aus Politik und Zeitgeschichte,
B 52-53/95, 3-13.
Elshtain, Jean Bethke, 1990a: "The Family
Crisis and State Intervention: The Construction of Child Abuse as Social
Problem and Popular Rhetoric", in dieselbe: Power Trips and Other
Journeys. Essays in Feminism as Civic Discourse. Madison: The University
of Wisconsin Press, 73-88.
Elshtain, Jean Bethke, 1990b: "The New
Eugenics and Feminist Quandaries: Philosophical and Political Reflections",
in dieselbe: Power Trips and Other Journeys. Essays in Feminism as Civic
Discourse. Madison: The University of Wisconsin Press, 89-106.
Elshtain, Jean Bethke, 1990c: "The Family
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