Bürgerinformation, Bürgerservice und
Bürgerbeteiligung mit Hilfe des Internet
Von Ronald Tost
Die derzeitige und zukünftige Wertschöpfung in unserer Gesellschaft liegt immer mehr in der Bewältigung von Informations- und Kommunikationsprozessen. Nicht die Technikentwicklung allein, sondern die Anwendung innovativer Technik, deren optimale Nutzung und deren Integration in die Organisation ist ausschlaggebend für die Steigerung von Leistungsumfang und -qualität einer Organisation. Durch moderne Informations- und Kommunikationstechniken und die weltweite Verknüpfung von Datennetzen können Leistung und Effizienz in der öffentlichen Verwaltung wesentlich gesteigert werden. Unter den Begriffen digitales Rathaus, virtuelles Bürgeramt oder vorverlagerte Stadtverwaltung werden Informationsangebote, neue Dienstleistungen und Kommunikationsforen unter Nutzung der Internet-Dienste konzipiert und realisiert. Voraussetzung für eine Nutzung dieser Angebote ist nicht nur die Bereitschaft der Verwaltung, neue Organisations- und Ablaufstrukturen einzuführen, sondern auch, daß die BürgerInnen die angebotenen Dienste der Verwaltung in Anspruch nehmen. Hierzu müssen die Verwaltungsdienstleistungen Vorteile für die BürgerInnen beinhalten, wie bessere Informationen und Erreichbarkeit, schnellere Vorgangsbearbeitung oder Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns (vgl. zum Thema auch den Beitrag von Wirth in diesem Band).
Wichtig für die Akzeptanz solcher internetbasierter Verwaltungsdienste ist, daß die Benutzungsoberfläche so gestaltet wird, daß sie selbsterklärend, möglichst einheitlich und anwendungsunabhängig ist, und die NutzerInnen zu dem von ihm gewünschten Teil der Anwendung mit möglichst wenigen Iterationsschritten geleitet wird.
Weiterhin muß der Zugriff auf die über das Internet transferierten Informationen so geregelt werden, daß sensible Daten vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden, denn bei einer Internetverbindung zwischen den BürgerInnen und der Verwaltung werden Informationen über verschiedene Stationen, die nicht im Voraus festgelegt werden können, transportiert. Somit sind mit der Nutzung dieses Kommunikationsmediums gewisse Gefahren verbunden, die möglichst abgewehrt werden müssen. Fragen der Authentizität, der Verbindlichkeit, Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit der Informationen in den Prozessen von der Erhebung über die Verarbeitung und Übertragung bis zur Löschung der Daten sind zu lösen. Hierbei sind z.B. Kenntnisse von Firewall-, Gateway und Routingkonzepten sowie von Verschlüsselungsverfahren und ihren Einsatzmöglichkeiten notwendig.
Darüber hinaus muß auch die Legalität der Informationsverarbeitung als Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit einbezogen werden. Hierzu ist z. B. die Notwendigkeit der Existenz und Akzeptanz von elektronischen Urkunden, Bescheiden und Bescheinigungen sicher zu stellen. Verfahren, für die zur Zeit die Schriftform erforderlich ist, müssen überprüft und modifiziert werden. Neben den gesetzmäßigen Voraussetzungen (z.B. IuKD-Gesetz, DigSig-Gesetz) müssen rechtlich gleichwertige Substitute entwickelt werden und sich in Regelungen, Verordnungen und Dienstvorschriften niederschlagen.
Um die Gestaltungsparameter für Internet-gestützte Verwaltungsdienstleistungen zu ermitteln, sind Ablauf- und Organisationsstrukturen zu analysieren und zu modellieren. Verwaltungsdienstleistungen können unterschieden werden in:
Bürgerinformation
Bürgerservice
Bürgerbeteiligung
In Zusammenarbeit mit PartnerInnen aus der Kommunalverwaltung wurden von dem Bereich Innovationsberatung und Entwicklung (IBE) in der GMD kommunale Anwendungen konzipiert und realisiert, die Teile einer Gesamtkonzeption für ein regionales Informations- und Kommunikationssystem (KOBRA) sind.
Bürgerinformation
Standortinformationssystem (SISBRA) und Standortmarketingsystem (RESI)
InvestorInnen, die Gewerbe- und Industrieflächen in geeigneter Lage mit der dafür erforderlichen Infrastruktur benötigen, können über das Internet mit geeigneten Erstinformationen von Wirtschaftsförderämtern versorgt werden. Die Systeme SISBRA und RESI unterstützen die Möglichkeit, sich einen Überblick über ein regionales Angebot, inklusive ergänzender Strukturdaten, zu verschaffen (http://www.sfg.de; http:// www.regio-rheinland.de). Die Informationen sind datenbankgestützt abgespeichert, um die Datenpflege zu erleichtern. Für interaktive Abfragen im Internet wurde eine selbsterklärende Benutzungsschnittstelle entwickelt, so daß die NutzerInnen keine Kenntnisse über die Datenbanksyntax besitzen müssen.
Ratsinformationssystem (INTRIS)
Vielfältige Informationen aus dem politischen Umfeld werden für Mitglieder in politischen Gremien und BürgerInnen mit diesem System im Internet zur Verfügung gestellt. Zu jeder Sitzung oder anderen Zeiträumen können sich die NutzerInnen die Tagesordnung mit Vorlagen/Anträgen
zu den einzelnen Tagesordnungspunkten ansehen und nach Abschluß der Sitzung die Protokolle finden. Ebenso können die NutzerInnen nach Stichworten mittels einer Volltextrecherche suchen. Das System ist zur Zeit als IntranetLösung (Rhein-Sieg-Kreis; Stadt Gütersloh) oder als Internet-Lösung im Kreis Ahrweiler (http://ris.kreis.aw-online.de) eingesetzt.
Bürgerinformationssystem (BINVI)
Das Bürgerinformationssystem informiert über Struktur und Angebot einer kommunalen Verwaltung im Internet. Es ist eine komfortable Orientierungshilfe bei konkreten Bürgeranliegen mit einer Beschreibung des Verwaltungsvorganges zur Erledigung des Anliegens, den dazu notwendigen Unterlagen sowie Informationen zur Erreichbarkeit der zuständigen AnsprechpartnerInnen. Weiterhin stellt sich die Verwaltung mit den Aufgaben der einzelnen Ämter vor. Formulare, die die NutzerInnen sich ausdrucken können, werden ebenfalls angeboten. (http://www. hennef.de; http://www.bonn.de ; http://www. siegburg.de ) .
Bürgerservice
Bürgerantrag und Verwaltungsbescheid
Für formularorientierte oder unstrukturierte Anträge, wie zum Beispiel Anmeldung und Bescheid der Hundesteuer oder Fundangelegenheiten ( http://www.hennef.de ) können diese von den BürgerInnen interaktiv am Bildschirm ausgefüllt bzw. erstellt und über das Internet an die Verwaltung zurückgesandt werden. Ein Unterstützungssystem mit zusätzlichen Informationen und Plausibilitätsprüfungen erleichtert den NutzerInnen die Antragstellung. Eingangsbestätigung bzw. Antworten der Verwaltung werden auf gleichem Weg zurückgesandt. Bei solchen Verfahren sind Sicherheitsmechanismen wie Verschlüsselungstechniken und digitale Signatur einzusetzen.
Baugenehmigung
Im Rahmen des Vorhabens POLIVEST (Teil des Förderprogramms POLIKOM vom BMBF), wird zusammen mit weiteren PartnerInnen und Anwender in einem Pilotvorhaben das Baugeneh-migungsverfahren unter Nutzung des Internets realisiert. So kann die Architektin den Bauantrag bei dem zuständigen Amt auf elektronischem Wege einreichen. Zur Vorbereitung dieses Antrages sind auf einem Informationsserver eine Fül-le von ergänzenden Informationen und Richtlinien einschließlich geografischer Informationen zur Verfügung gestellt. Damit das Baugenehmigungsverfahren ohne Medienbrüche auch in der Verwaltung effizienter abgewickelt werden kann, wird dies dort durch ein Workflow-system unterstützt. (http://www-ibe.gmd. de)
Reservierungssystem
Zur Tourismusunterstützung wird von IBE für die Bonn-Region ein Informationssystem mit allen für den Tourismus und das Kongreßwesen notwendigen und interessanten Informationen bereitgestellt. Dies wird noch durch ein interaktives Reservierungssystem für die touristischen Angebote wie Unterkünfte oder Veranstaltungskarten auf der Basis einer zentralen Datenbank und eines geografischen Informationssystems ergänzt.
Bürgerbeteiligung
Durch die Nutzung geeigneter Kommunika-tionsdienste werden neue Formen der Bürgerbeteiligung ermöglicht. In Kommunikationsforen (wie z.B. im Ratsinformationssystem) können NutzerInnen an unterschiedlichen Orten sowie zu verschiedenen Zeiten zu beliebigen Themen ihre Meinung äußern und auf elektronischem Wege diskutieren.
Zusammenfassung
Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesen Pilotanwendungen zeigen, daß man durch Internetbasierte Dienste eine größere Bürgernähe und eine verbesserte Verwaltungstransparenz erzielen kann.