Wie hat sich die Ukraine seit dem Kriegsbeginn 2014 verändert?
Vor 2022 hat kaum jemand der Ukraine einen erfolgreichen Verteidigungskrieg zugetraut. Der Krieg hat die Nationsbildung forciert, die Ukraine ist trotz widrigster Umstände eine nach Westen orientierte Demokratie. Wie hat sich die ukrainische Gesellschaft in den letzten Jahren verändert, was wissen wir über die Zivilgesellschaft? Wie steht es um den Kampf gegen die einst endemische Korruption?
Zur Reihe: Der Verteidigungskampf der Ukraine – und wir?
Am 24. Februar 2022 überfielen Streitkräfte der Russländischen Föderation die Ukraine. Seitdem befindet sich das Land in einem zermürbenden Kampf um seine Existenz, seine Freiheit und Zukunft. Dieser Angriffskrieg hat in Europa manche bisherigen Gewissheiten demoliert und bringt massive neue Herausforderungen mit sich, auch wenn das noch nicht überall ins Bewusstsein gedrungen ist. Internationale Abkommen, Regeln und diplomatische Gepflogenheiten weichen zusehends robusten Maßnahmen: Sanktionen, anhaltende Unterstützung der Ukraine mit Waffen und forcierte Rüstungsanstrengungen. Die politischen Haltungen zu diesem Krieg sowie zu Russland bzw. zur Ukraine sind in den Ländern des Westens stark polarisiert. Waffenlieferungen und steigende Militärausgaben sind beim Festhalten an der Schuldenbremse nur auf Kosten anderer Staatsausgaben zu finanzieren, was innenpolitische Spannungen weiter anheizt – nicht nur in Deutschland.
Die existentielle Frage, wie und mit wem wir unsere Sicherheit, unsere Freiheit und unsere Energieversorgung zukunftsfest organisieren wollen, müssen wir anders beantworten als vor diesem Krieg. Die EU hat mit der Ukraine Beitrittsverhandlungen begonnen, doch die dringenden strukturellen und verfahrenstechnischen Reformen kommen nicht voran, ohne die sie handlungsunfähig zu werden droht. Die NATO, vor kurzem noch als „hirntot“ bezeichnet, ist zwar stärker und geeinter denn je, aber das Geld bleibt knapp und die Lastenverteilung aus US-amerikanischer Sicht problematisch. Und was ist, wenn Donald Trump wieder zum Präsidenten gewählt wird? „Ein Europa, das beschützt“ steht in weiter Ferne. Gemeinsame Sicherheitspolitik, europäische Rüstungsindustrie und -beschaffung, gar eine europäische Armee? Auch im Energiesektor verstellen nationale Interessen die europäische Solidarität, woran Deutschland keinen geringen Anteil hat.
Schließlich bleibt die Gretchenfrage: Wie lässt sich Russland aus der Ukraine zurückdrängen? Wie lassen sich die Kriegsverbrechen sühnen und der Wiederaufbau organisieren und finanzieren?
Russlands Krieg in der Ukraine hat die Parameter der bisherigen Politik in Europa zerstört, Putin zielt unverhohlen auf den „kollektiven Westen“. Dieser Krieg wirft für uns alle ganz und gar ungewohnte Fragen auf.
Wir wollen sie in drei Abendveranstaltungen mit namhaften Experten diskutieren.
Podiumsdiskussion mit:
Andreas Heinemann-Grüder Fellow am Global Public Policy Institute in Berlin und Professor für Politikwissenschaft am Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS) der Universität Bonn
Tetiana Lopashchuk Deutsch-Ukrainisches Büro (DUB), Berlin
Johannes Voswinkel Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Kyjiw, Ukraine
Moderation:Bruno Schoch Politikwissenschaftler, Peace Research Institute Frankfurt (PRIF)