Dynamik feministischer Perspektiven in turbulenten Zeiten

Eine thematische Collage
21.11.2024, Frankfurt

Eine Abschlussveranstaltung der Stiftung Frauen in Europa

Blick zurück

Frauen- und Geschlechterpolitiken verlaufen widersprüchlich. Sie stehen in Zeiten politischer Umbrüche unter Veränderungsdruck. Rechtspopulistische Bewegungen stellen erkämpfte feministische Rechte und Praktiken in Frage, diese müssen erneut verteidigt werden. In Kriegszeiten, wie derzeit in der Ukraine, sind Feministinnen mit existentiellen Fragen konfrontiert, die bisher kaum wahrgenommen und nur wenig diskutiert werden.

Die 2002 in Frankfurt/M, gegründete Frankfurter Stiftung Frauen in Europa hat seit ihrer Gründung den Veränderungsdruck auf feministische Politik entlang politischer Umbrüche untersucht, mit Veranstaltungen zu den Themen:

  • Frauen im erweiterten Europa, 2005, die Gründungsveranstaltung zur EU-Osterweiterung. Frauen aus Polen, Ungarn, Slowenien, der Tschechischen Republik, aus West- und Ostdeutschland diskutierten über ihre unterschiedlichen Erwartungen an die Transformationsprozesse durch die EU-Gleichstellungspolitik.

  • Frauen in Osteuropa: Kulturen der Selbstständigkeit, 2008. Schon damals zeigte die ungarische Frauenforscherin Andrea Petö, am Beispiel der faschistischen Pfeilkreuzer Bewegung auf, wie das Streben nach Autonomie der Frauen missbraucht und umgedeutet werden kann.

  • Das gefühlte und proklamierte Europa. Was haben Europäerinnen von der EU zu erwarten? Macht sich eine gewisse Europamüdigkeit in der Genderpolitik breit? Unsere Diagnose damals: Es fehlen Gesichter, Stimmen und ein Programm mit utopischem Potenzial.

  • Der Blick emanzipierter Frauen in der Türkei und in Deutschland auf Europa, 2013. Die Stiftung organisierte eine Spiegelveranstaltung in Istanbul und Berlin.

  • Rechtspopulismus und Geschlechterpolitik in Europa, 2018. Diskutiert wurden die historischen und ideologischen Quellen des Antifeminismus und gleichzeitig wurde gefragt, ob in der Umbruchsituation nicht auch die Chance liege, emanzipatorische Politik neu zu denken und zu begründen.

Alle Veranstaltungen fanden in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen statt.

Nach der Finanzkrise, als materielle Ressourcen knapp wurden, hat sich die Stiftung 2018 rechtlich in eine verbrauchende Stiftung umgewandelt und wird Ende 2024 ihre Arbeit einstellen. Nach dem Wechsel von einer operativen in eine verbrauchende Stiftung förderte sie ein breites Spektrum von Projekten wie z.B. das internationale Literatur Festival berlin (ilb), den Deutschen Journalistinnen Bund (djb), Unternehmerinnen Initiativen, kulturelle Initiativen wie Ausstellungen, z.B. den Anima Doku Film von Barbara Englert (Frankfurt), um nur einige zu nennen.

Ziel der heutigen Veranstaltung ist es, im Gespräch mit Feministinnen und Kulturschaffenden aktuelle Fragen feministischer Politik aus verschiedenen Perspektiven zu diskutieren.

Auf der Veranstaltung werden Speisen und Getränke angeboten. Um Anmeldung wird gebeten.


Dynamik feministischer Perspektiven in turbulenten Zeiten

Blich nach vorn

Themenblock: EU-Genderpolitik – Blick zurück und nach vorn

Die EU war einst Motor einer in der Charta der Grundrechte verankerten Gleichstellungspolitik. Der Schwerpunkt war, die Stellung der Frau im Berufsleben zu verbessern, durch gleiches Entgelt, Recht auf Elternurlaub, Ausweitung sozialer Rechte auf Teilzeitarbeit, Antidiskriminierungsverbot am Arbeitsplatz, um nur einige der Richtlinien zu nennen. Diese Erfolgsstory hat an Gestaltungskraft und damit an Sichtbarkeit verloren. Es macht sich eine gewisse Europamüdigkeit breit. Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Welchen Einfluss könnte der aufkommende Antifeminismus in den Mitgliedsländern und im EU-Parlament auf die EU-Gleichstellungspolitik haben? Kann die 2024 verabschiedete Richtlinie zu (häuslicher) Gewalt, die von einem geschlechtsspezifischen Gewaltbegriff ausgeht, eine Wende herbeiführen?

Eine europäische Sicht auf EU-Genderpolitik macht es notwendig, die Care-Beziehungen zwischen EU-Mitgliedsstaaten zu betrachten. Care-Arbeiten sind gesellschaftlich notwendig und existenziell. Sie werden oft im Privatbereich, überwiegend von Frauen auch aus Drittstaaten, unsichtbar, schlecht oder gar nicht entlohnt, geleistet. Wie kann die unsichtbare Arbeit sichtbar und auch materiell anerkannt werden?

Mit:

Input:

Helma Lutz Soziologin, Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt

Moderation:

Birgit Laubach Stiftung Frauen in Europa

Moderation:

Mechtild Jansen Stiftung Frauen in Europa und Heinrich-Böll-Stiftung Hessen

Themenblock: Dynamiken feministischer Politik unter Kriegsbedingungen – Beispiele aus der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine zwingt Feministinnen, ihre Positionen zu überdenken. Bisher werden feministische Bewegungen mit Demokratie in Friedenszeiten verknüpft. Wie können feministische Werte und erkämpfte Rechte für Frauen und Mädchen und Ressourcen auch in Kriegszeiten geschützt verteidigt werden? Gelingt die Repräsentation von Frauen in Friedensprozessen? Welchem Veränderungsdruck sind die Geschlechterrollen heute in der Ukraine ausgesetzt? Und wie ist die Entwicklung nach dem Krieg, sowohl für die Gesellschaft als auch für den Wiederaufbau zu prognostizieren? Wie diskutieren Feministinnen aus West- und Osteuropa diese brisanten Fragen?

mit:

Olena Strelnyk Soziologin, visiting scholar an der TU München

Tamara Martsenyuk Gender Studies und Gründerin der „Invisible Batalion“, für Gendergleichheit in Kampftruppen in der Ost-Ukraine

Kateryna Stetsevych Leitung der Projektgruppe Mittel- und Osteuropa in der Bundeszentrale für politische Bildung (tba)

Moderation:

Katharina Liebsch Soziologin, Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr, Hamburg und Mit-Herausgeberin der feministischen studien.

Dynamik feministischer Perspektiven in turbulenten Zeiten
Eine thematische Collage
Donnerstag, 21. November 2024, 18:00 Uhr
Haus am Dom, Domplatz 3, Frankfurt/Main
Kooperationspartner
Abschlussveranstaltung der Stiftung Frauen in Europa in Kooperation mit der Heinrich Böll-Stiftung Hessen e.V.