NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns Titlebild

NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns

Ein Abend gegen Irrationalismus und instrumentelle Vernunft
30.01.2025, Marburg

Pandemie, Klimawandel, Kriege, die Steuererklärung, der Verkehrsstau – Krisen über Krisen, und kein Ende in Sicht. Die einen fliehen in den Verschwörungsglauben oder gleich vollends in den Faschismus. Sie sind die Endzeit-Krieger in Tierkostümen, folgen QAnon bis ins Capitol. Sie sind die Aluhut-Trägerinnen, die gegen Chemtrails und Impfzwang demonstrieren. Es sind die Incels, die Reichsbürger, die Kämpfer gegen den »Great Reset« und den »Großen Austausch«.

Die anderen halten am gesunden Menschenverstand fest. Sie verteidigen den Experten gegen den Scharlatan, die Vernunft gegen den Wahn. Sie sind fleißig, halten Nationen und Eigentumsordnung für so natürlich, wie dass der Starke den Schwachen besiegen muss. Sie wissen, dass Kollateralschäden nicht schön, aber unvermeidbar sind: Die Hungernden, die Obdachlosen, die Erfrierenden in jedem Winter, die Ertrunkenen im Mittelmeer. An Horoskope glauben sie nur, wenn die ihnen raten zu tun, was die Gesellschaft von den Menschen ohnehin verlangt. Ihre Vernunft ist eine instrumentelle, Vernunft im Dienste der Unvernunft. Es geht nur um das Wie, nicht um das Wofür. Effektivität ersetzt jeden Gedanken an eine menschenfreundliche Einrichtung der Welt. Erlaubt ist selbst im Denken nur, was nützlich ist. Lebenswert ist nur, wer produktiv ist. Normal ist, wer gesund ist und arbeiten kann. Der Weg von Selbstoptimierung zu Eugenik ist kürzer als das Laufband im Fitnessstudio: instrumentell-vernünftig und mörderisch-wahnhaft zugleich.

Das ist die Normalität, die die Demokrat*innen verteidigen, auch gegen die Rechten, die für ein neues, noch unmenschlicheres »normal« eintreten. Und alle feiern den normalen Menschen, den schlichten, hart arbeitenden, der von Intellektuellen, Lifestyle-Linken und Eliten verraten wurde – was bloß dem zynischen Zweck dient, die gesellschaftliche Stellung der Subalternen zu verewigen. Überhaupt ist die Normalität, die in jeder Krise als rasch Wiederherzustellende versprochen wird, eine trostlose Hoffnung. Denn der Normalzustand, »dass es so weitergeht«, ist die eigentliche Katastrophe.

Auf Bühne und Leinwand besichtigen wir den ganz normalen Wahn und den Wahn der Normalität, das Pathogene im Normalen, und das Irrationale, das aus diesem erwächst. Es wird so witzig, wie Adornos Stahlbäder lustig sind.

‍NORMAL ist das neue Bühnenstück von Thomas Ebermann, Thorsten Mense und Flo Tamer, das in Anknüpfung an ihren erfolgreichen Anti-Heimatabend „HEIMAT“ ab Januar 2025 in Autonomen Zentren, linken Clubs und manchen Theatern dieser immer düsterer werdenden Republik zu sehen sein wird.

Thomas Ebermann ist Autor, Publizist und Dramaturg. Er hat jahrelang satirische Lesungen veranstaltet und Bühnenstücke verfasst. Für seine Arbeiten wurde Thomas Ebermann im Jahr 2012 vom Auschwitz-Komitee mit dem Hans-Frankenthal-Preis ausgezeichnet.

‍Thorsten Mense ist freiberuflicher Soziologe, Journalist, Autor und Filmvorführer. Er schreibt viel, publiziert und hält Vorträge und Workshops zu den Übeln dieser Welt (Deutschland, Nationalismus, Sachsen usw.).

‍Florian Thamer ist Theaterwissenschaftler, Theatermacher und Musiker. Er arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und ist Mitbegründer der freien Theatergruppe EGfKA.

Einlass: 19 Uhr | bestuhlt | freie Platzwahl
Nur Abendkasse: 3 – 8 €

Zur Veranstaltung
NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns
Ein Abend gegen Irrationalismus und instrumentelle Vernunft
Donnerstag, 30. Januar 2025, 20:00 Uhr
Kulturzentrum KFZ, Biegenstraße 13, Marburg
Kooperationspartner
KFZ Marburg