From Progress to Reparations: Justice, Epistemology, and the Postcolonial
Critical theory sees itself as an inheritor of the Enlightenment tradition and as providing critical responses to questions emerging from the turn to modernity and the constitution of modern societies. The idea of moral progress central to the conceptualization of critical theory’s normative project is based on an idea of historical progress as embodied in our understanding of modernity. However, the idea of the modern that is central to critical theory is not simply the modern, but is better understood as the colonial modern. The colonial modern is the empirical context within which claims for moral political advances are made; thus, these claims are made by ignoring, or failing to regard as significant, the processes of dispossession, appropriation, extraction, elimination, and enslavement. In this talk, it will be argued that we need to give up a commitment to historical progress as the central normative dimension of critical theory in favour of redressing the identified wrongs of the past through a commitment to epistemological justice and to reparations.
Die Zukunft des Fortschritts
In den letzten Jahren konnte man sich des Gefühls der Stagnation kaum erwehren: während politische und soziale Kämpfe weitgehend als Abwehrkämpfe gegen den Rückbau bestehender gesellschaftlichen Errungenschaften geführt werden und neue Ideen, ein Zugewinn an menschlicher Emanzipation und Solidarität oder gar die Vision einer radikal anderen Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes als utopisch erscheinen, zielen auch technischen Entwicklungen nicht mehr darauf, neue gesellschaftliche Perspektiven aufzuzeigen. Fortschritt, in der neoliberalen Marktideologie ohnehin nur noch als „Innovation“ oder „Wachstum“ vorstellbar, scheint sich in der Entwicklung von consumer electronics, dem alljährlichen Ersetzen eines Smartphones durch ein anderes und der Erfindung immer neuer und doch eigentlich immer gleicher Gadgets zu erschöpfen.Wie lässt sich, vor dem doppelten Hintergrund des Stillstandes und Rückbaus emanzipatorischer Errungenschaften einerseits sowie der katastrophalen Konsequenzen (nicht nur) der westlichen Fortschrittsideologie andererseits, die Idee einer emanzipatorischen gesellschaftlichen, kulturellen und technischen Entwicklung heute noch denken? Sowohl in Europa als auch im globalen Süden haben emanzipatorische Bewegungen seit jeher Fortschritt auf ihre Fahnen geschrieben und sich positiv auf die europäisch-aufklärerische Idee des Forschritts bezogen. Was also lässt sich von dieser Idee retten? Kann es einen Begriff von Fortschritt geben, der Ungleichzeitigkeiten zwischen Gesellschaften, kulturellen Sphären oder Wissensformen berücksichtigt? Ist Fortschritt anders denkbar als in einem Verständnis von Zeitlichkeit als linearem Ablauf? Kann es ein Verständnis von gesellschaftlichem Fortschritts geben, das imstande ist, über den real existierenden Kapitalismus hinaus zu weisen, gleichzeitig aber weder die europäische Vorstellung von Modernität und Entwicklung gewaltsam universalisiert, noch sich zu einem Instrument von Herrschaft machen lässt? In mehreren Veranstaltungen möchten wir mit unseren Referent*innen und Gästen darüber diskutieren, was Fortschritt als emanzipatorisches Konzept heute noch, wieder oder neu bedeuten kann.
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mit:
Gurminder Bhambra
Professor of Postcolonial and Decolonial Studies in the School of Global Studies, University of Sussex, England