(Vortragssprache: Deutsch und Englisch (mit Übersetzung))
Rechtspopulistische Parteien sind in ganz Europa auf dem Vormarsch. Sie verbreiten einen anti-europäischen Diskurs, der nicht mehr nur einzelne Politikfelder, sondern den Europäischen Integrationsprozess insgesamt in Frage stellt. Von rechtspopulistischer Seite werden neben Migrationspolitik v.a. die genderpolitischen Grundlagen der EU, die seit dem Amsterdamer Vertrag von 1997 rechtlich verbindlich festgeschrieben sind, unter Beschuss genommen.
Im Europäischen Parlament treffen die verschiedenen rechtspopulistischen Parteien der Mitgliedsländer aufeinander und bilden mehr oder weniger geschlossene Allianzen. Der Roundtable will Positionen und Konfliktlinien in der Geschlechter- und Familienpolitik im Kontext von Initiativen des Europäischen Parlaments diskutieren. Die genderkritische Agenda rechtspopulistischer Parteien in Europa soll mit Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht und im Zusammenhang mit den Auswirkungen anderer Krisenerscheinungen in der EU (Finanzkrise, „Flüchtlingskrise“) betrachtet werden. Außerdem sollen Handlungsstrategien gegen die Instrumentalisierung von Geschlechterpolitik für anti-europäische Kampagnen erörtert werden.
Gender unter Druck.
Geschlechterpolitiken in Europa.
Es weht ein kalter Wind durch Europa. An Einfluss gewinnende rechtspopulistische Parteien profilieren sich mit europakritischen, autoritären Positionen. Im Mittelpunkt ihrer Programme stehen antifeministische und rassistische Forderungen. Gleichzeitig nutzen rechte Akteur*innen den Bezug auf Frauenrechte, um ihre Forderungen zu legitimieren und sich von denjenigen abzugrenzen, die aus ihrer Sicht nicht ‚dazugehören‘.
Seit dem Amsterdamer Vertrag von 1997 ist die Arbeit der EU auf die Prinzipien des Gender Mainstreaming und die Bekämpfung von Diskriminierung auf Grund von Geschlecht, „Race“, ethnischer Herkunft, Religion/Weltanschauung, Behinderung/Beeinträchtigung, Alter und sexueller Orientierung verpflichtet. EU-Geschlechterpolitiken haben sich aus der engen Beschränkung auf Arbeitsmarktpolitik gelöst und zielen mittlerweile auf alle Politikfelder. Schwerpunkte sind neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Geschlechterungleichheit und Demokratiedefizite in der Politik sowie der Kampf gegen häusliche Gewalt.
Gender Mainstreaming ist rechtspopulistischen Bewegungen ein Dorn im Auge, weil sie Geschlechtergerechtigkeit nicht als Abschaffung von Ungerechtigkeit, sondern als Abschaffung von Geschlechterdifferenz verstehen. „Anti-Genderismus“ bekämpft vehement jedes Verständnis von Geschlecht, das Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität als ‚natürliche‘, unveränderliche Tatsache infrage stellt.
Europäische Demokratie braucht Feminismus. Die Vorträge fokussieren die Konstitution, Bedingungen und Ursachen von Anti-Genderismus und Antifeminismus rechter und rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien im europäischen Kontext und setzen sich aus rassismuskritischer, postkolonialer und feministischer Perspektive kritisch mit der EU als Bezugspunkt für intersektionale Kämpfe um soziale Gerechtigkeit auseinander. Dabei machen sie Allianzen und Gegenbewegungen sichtbar und setzen „fake news“ und Politiken der Ausgrenzung Informationen und alternative Handlungsstrategien entgegen.
Zum Programmflyer
Roundtable mit:
Petra Ahrens Universität Tampere / Universität Antwerpen
Bożena Chołuj Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Birte Siim Aalborg Universität
Sandra Seubert Goethe-Universität Frankfurt am Main
in neo-reaktionären Zeiten
Theodor-W.-Adorno-Platz 1, Frankfurt/Main